LXW Entwicklung des gewerhlichen und rnercnntileu Unterrichts.
Je genauer man die materielle Lage der schon existirenden ddandel-sschulen
prüft, desto mehr scheint es eine Illusion, in heutiger Zeit auf anderem Wege als
auf dem der finanziellen Unterstützung von Staatswegen ein Mehr für den-
commerciellen Unterricht in Österreich thun zu wollen. 1 ,
So kann es sich denn pructisch nur um die Frage handeln, ob die Regierung
für eommercielle Unterrichtszwecke eine höhere Summe nls jene 60.000 ll. hätte
pralixniniren sollen. llnd diese Frage muss wohl verneint werden, verneint mit
Rücksicht auf eine Lage der Stnatsfinanzen, welche der Unterrichtsverwaltung nicht
gestattet, auf allen Gebieten des Schulwesens gleichzeitig eine durch schwere
materielle Opfer bedingte organisatorische Thlltigkeit zu entfalten Die österreichische
Bevölkerung hat seit zehn Jahren für alle Zweige des üEe-ntlichen Unterrichtes!
grosse, neue Lasten auf sich genommen. Wer wollte den Satz bestreisten, dass
diese Steuertfäger in den nächsten Jahren für die Entwicklung jener Gruppe von
Lehranstalten, welche wirthschaftlichen Zwecken unmittelbar dient, für die Ent-
wicklung der gewerblichen und mercantilen Schulen, nur innerhalb gewisser, nicht
allzu weit gesteclrter Grenzen vermehrte Lasten auf sich nehmen können?
Wenn nun bei solcher Beschränktheit der Mittel die einzelnen Aufgaben auf
ihre Dringlichkeit geschätzt und die Folgen des einen und des anderen Aufschubes
gegeneinander abgewogen werden, so ergibt sich, dass in den nächsten Jahren die
verfügbaren Mittel möglichst zur Durchführung der gewerblichen Unterrichts-
nrganisation zusammengehalten, und grössere Unternehmungen auf dem Gebiete
des inercantilen Schulwesens auf die Zeit verspurt werden müssen. wo das Noth-
wendigste für den gewerblichen Unterricht geschehen sein wird.
Die Nachtheile einer hinausgeschobenen oder nur mit halben Mitteln arbeitenden
Verwaltung auf dem Gebiete des gewerblichen Schulwesens sind aber namentlich
desshalb die überwiegenden, weil die gewerbetreibenden Classen aus zahlreichen
Ursachen weit weniger als die comiuerciellen Kreise im Stande sind, unterdessen
durch Selbsthilfe Mangelndes zu ersetzen, und Übe] abzuschwächen.
Das Verhältnis; der Kaufinannschaft zur mercantilen Schule ist ein einfacheres,
gleichmässigeres, es leidet nicht unter einem Widerstreit von Interessen im Stande
selbst, wie solcher den gewerblichen Schulen gegenllher in den Kreisen der
Industriellen so vielfach hervortritt.
Wie zahlreich sind deshalb in allen Ländern die Beispiele, dass die Handels-
herrn die materiellen Mittel zu grossen comxnerciellen Untenichtsinstitnten auf.-
bringen, und wie spärlich die Fälle, wo Industrielle dasselbe für gewerbliche
Lehranstalten thun; wie viele mercantile Unterrichtsanstalten vermögen sich vom
hohen Schulgelde ihrer Besucher zu erhalten, wie selten können diess gewerbliche
Schulen; wie häufig finden sich nllerwärts Privatunternehmer zur Gründung von
Hnndelsschulen bereit, wie selten geschieht ein Gleiches bei gewerblichen Lehr-
anstalten! Sind es doch gerade die minder bemittelteu Classen der Gewerbetreibenden,
denen in der Regel die gewerblichen Schulen hauptsächlich dienen sollen.
Hiemit sind einige von den bestimmenden Ursachen angedeutet, warum
ausnahmslos i in allen Cultnrlundern für den Fachunterricht der gewerblichen
Pro d ucenten ganz unvergleichlich grossere Opfer aus üfentlichen Mitteln gebracht