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Man ist es der Industrie der betreffenden Gegenden Böhmens schuldig,
sich die Umstände, unter welchen die Aussiger Ausstellung überhaupt zu
Stande gebracht worden ist, gegenwärtig zu halten, damit man von dem
Gesamrntbilde derselben nicht etwa ungerechte Schlüsse auf den Stand
der dortigen gewerblichen Production ziehe. Denn das Gesammtbild
machte den Eindruck nicht nur der Planlusigkeit, sondern auch der
Dürftigkeit.
Was die Gebiete kunstgewerblicher Thätigkeit anbetrifft, hätte man
vorAllem eine würdige Vertretung der keramischen und der Glas-Industrie
erwarten sollen, welche ja gerade iru nördlichen und nordwestlichen
Böhmen so vielfältig und erfolgreich betrieben werden. Diese Erwartung
blieb unerfüllt. Von hervorragenden Thonwaarenfabrikanten hatte sich
(wenn wir von Baumaterialien , Gefäßen für Fabriken und l-laushaltungen
etc. absehen) nur Ed. Eichler in Dux betheiligt, dessen polychromische
Figuren weniger gute Glasur zeigten, als seine früheren Arbeiten in diesem
Genre, wogegen blaue und grüne Krüge sich durch scharfes Relief und
risselose Glasur auszeichneten. Außerdem verdienen noch die Arbeiten
der Fachlehrer Laube und Reimann in Teplitz und des Modelleurs
Meister daselbst erwähnt zu werden. Laube hatte hübsche Modelle
und Zeichnungen ausgestellt; Reimann Teller in verschiedenen Decora-
tionsweisen sehr gut ausgeführt und - was gegenüber dem in Wien herr-
schenden Gebrauche besonders hervorgehoben werden muss - mit ver-
nünftigen Preisen, Meister endlich flott modellirte charakteristische Figuren
und Reliefs. Seiner Methode, Terracotten anzustreichen, können wir aller-
dings keinen Geschmack abgewinnen, und ebenso wenig scheint es sich
zu empfehlen, Kupferstiche zu Nachbildungen in Relief zu verwenden:
die im Kataloge mit nbetender Landsknechtu bezeichnete Platte ist näm-
lich unverkennbar nach einem Stiche gemacht, welcher aber Wallenstein,
von astronomischen und astrologischen Instrumenten umgeben, vorstellen
dürfte. - Die sonstigen inländischen Porcellan- und Thongefäße, Oefen etc.
waren gewöhnlichster Art. An Glas begegneten uns nur grüne Flaschen
und Ballons, dann Trinkgeschirre nach alter Art mit gravirten Bildnissen,
nfeiner Jagdn u. dgl. m. decorirt. Peter Eisert in l-laida hat mehrere
Gegenstände ausgestellt, nach guten Vorlagen und so vollendet in Glanz-
schlitf decorirt, wie man es von ihm gewohnt ist; dieselben sind aber
unter nLeder- und Kurzwaarenu eingereiht.
Die Mehrzahl der vorhandenen Tischlerarbeiten lässt sich in eine der
zwei Kategorien bringen: Möbelmagaziu-Styl oder Versuche etwas Besseres
zu leisten bei gänzlichemMangel künstlerischer Bildung oder Leitung. Die
Arbeiten der Ersten Aussiger Tischler-Association, von L. Schmied in
Aussig und W. Philipp in Taschen empfahlen sich durch Streben nach
einfachen guten Verhältnissen und Solidität; leider fehlten fast überall die
Preise. Nur bei einem etwa 3 Meter hohen Vogelhause in Laubsägearbeit
erfuhr man, dass es für 450 fi. zu haben sei. Von größerem Interesse