Die größten und umfassendsten Aufgaben, zu welchen die Tiroler
Glasmalerei berufen wurde - die Kunstverglasungen der Votivkirche -
sind beendet; sie hat eine Niederlassung in Wien in ihrem eigenen Hause
(Vl., Magdalenenstraße 29) gegründet, worin schon heute ein lebens-
fähiges Atelier für den glasmalerischen Schmuck des_Profanbaues arbeitet;
sie wurde berufen zur Ausschmückung des ersten Domes des Kaiser-
staates, nach St. Stefan in Wien, für welchen sie augenblicklich das
zweite ihr übertragene große Schitffenster - eine Stiftung des Herrn
von Zinner - ausführt, nachdem Baron Pachner mit seinem Votivfenster,
der Krönung Mariens, sie dort eingeführt; sie arbeitet gleichzeitig und
zwar ebenfalls am zweiten großen Thurmhallenfenster für das erste
gothische Bauwerk Deutschlands, wenn nicht der Welt, für den Kölner
Dom; sie hat ihre Verbindung nach Amerika erweitert und befestigt.
Das Institut entfaltet in den zwei Glasmalereien Innsbruck und Wien,
sowie in der Kathedralen-Glashütte an ersterem Orte seine Thätigkeit.
War diese auch eine stetig nach innen und außen gesteigerte, so vollzog
sich die Entwicklung doch keineswegs glatt und ohne Hemmnisse; im
Gegentheil war es gerade die Gründung des Wiener Hauses, welche der
Tiroler Glasmalerei eine glänzende Folie in der Oeffentlichkeit zu geben
berufen schien und von ihren allerersten Patronen so wohlwollend ver-
anlasst und begrüßt worden, die ungeahnte materielle Opfer und die
angestrengteste Energie forderten, wie solche, wenigstens nicht in dem
thatsächlich zu Tage getretenen Grade, vorausgesehen wurden.
Anderseits machten sich die zu Ungunsten unseres Exportes seit
Neujahr 1880 veränderten Zollverhältnisse für die Tiroler Kathedralen-
Glashütte, die bislang den ergiebigsten Absatz an deutsche Glasmaler
gefunden, immer fühlbarer, obgleich dieselbe nahezu die ganze Zoll-
erhöhung, wenigstens für Farbengläser, unter dem Titel einer fünfpro-
centigen Zollvergütung übernahm, um sich den alten Kundenkreis zu
wahren. Leider kehrt damit das alte Abhängigkeitsverhältniss der Glas-
hütte zur Mutteranstalt wieder, indem diese das auf kurze Jahre ver-
schwundene Deficit nun neuerdings zu tragen berufen ist und daher nicht
nur für sich und ihre Ziele, sondern noch für dieses so ungünstig situirte
Vorwerk zu sorgen hat.
Ohne den ansehnlichen eigenen Bedarf, ohne die zahllosen Opfer,
welche die Kathedral-Glashütte in doppeltem Sinne der Mutter Glasmalerei
ntheueru gemacht, ohne die unleugbaren Vortheile, welche die Verbindung
mit einem wie kein zweites überreich assortirten Farbenglaslager bietet,
hätte die Auflassung jener vielleicht längst beschlossen sein müssen. So
hält man sie, wie die Familie einen kostspieligen Ansitz, der geschichtlich
mit ihr verwachsen ist. '
Unbekümmert um all" diese Widrigkeiten, ja um durch die Vorzüge
der Fabricate den spröder gewordenen Absatz wieder zu gewinnen, wurde
unermüdet an deren Vervollkommnung gearbeitet, manche erfolggekrönte
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