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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XVII (1882 / 201)

großen und kleinen Reliquien ausgiebige Ablässe zu holen waren und 
daher Hunderttausende von Wallfahrern zusammenströmten, wollten sich 
Gutenberg und Comp. mit ihren Erzeugnissen einfinden. 
Ueber den weiteren Verlauf des Geschäftsbetriebes fehlt uns jedwede 
Kunde; jedenfalls blieb Gutenberg noch mehrere Jahre in Straßburg. 
Einmal ist er Bürge, ein andermal (1442) entlehnt er selbst von: Thomas- 
stifte 80 Pfd. Straßburger Denare und noch 1444 zahlt er eine Wein- 
steuer an das Pfennigzollamt. Wenn wir bezüglich des früher erwähnten 
Processes an der Deutung auf das Spiegelmachergeschäft festhalten, so 
ist aber damit noch nicht gesagt, dass Gutenberg nicht schon in Straß- 
burg seinen Forschergeist der Buchdruckerkunst zuwandte. Von Ausübung 
derselben haben wir aus seinem Straßburger Aufenthalt absolut keinen 
Beweis. Die schließliche Lösung des Problems kann allerdings begriff- 
lich als ein glücklicher Gedanke, wie ein springender elektrischer Funke, 
zusammengefasst werden. Vorausgegangen ist gewiss auch bei einem so 
hochbegabten Manne wie Gutenberg endlose Mühe, langwierige Gedanken- 
arbeit, und da mögen spätere Schriftsteller wohl Recht haben, wenn sie 
erzählen, wie der Erfinder, ewig grübelnd, keine Ruhe fand bei Tag 
und Nacht und schier bereits verzweifelte an der Durchführung seiner 
großartigen Idee! Und diese war: Bücher herzustellen mittels 
gegossener Typen. 
Darin liegt Gutenbergs Leistung, deren Werth Luther in einer 
seiner Tischreden so kurz als herrlich bezeichnet: Die Erfindung der 
Buchdruckerkunst ist das letzte und schönste Geschenk 
Gottes an die Menschheit. Es wäre unvernünftig, Gutenberg auf 
eine so ideale Höhe zu heben, als hätte er aus seiner Kunst nicht auch 
materiellen Vortheil ziehen wollen; aber gottengebener und dankbarer 
Sinn nach überstandener Qual geistigen Ringens spricht sich in der 
Schlussschrift seines Werkes wKatholikonu aus: nUnter dem Beistande 
des Höchsten, auf dessen Wink die Zungen der Kinder beredt 
werden und der oft den Kleinen offenbart, was er den Großen 
verbirgt, ist dieses vortreffliche Buch Katholiken im Jahre 
der Menschwerdung unseres Herrn 1460 in der guten Stadt 
Mainz, angehörig der ruhmreichen deutschen Nation, welche 
die gnade Gottes mit einem so hohen geisteslichte und 
freiem Gnadengeschenke den übrigen Völkern der erde vor- 
zuziehen und zu verherrlichen für würdig gehalten hat, 
nicht vermittels des rores, griffels oder der Feder, son- 
dern durch das wunderbare Zusammenpassen, Verhältniss 
und Gemeinmaß der patronen und Formen gedruckt und 
vollendet wordenw 
(Schluss folgt.)
	        
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