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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XVIII (1883 / 208)

ja nicht hätte anders kommen können. Aber denken Sie einmal darüber 
nach, was aus Oesterreich, was aus unserem Kunstleben geworden wäre, 
wenn das welthistorische Geschick es anders gefügt hätte, wenn Oester- 
reich und seine Dynastie seinen Feinden unterlegen wäre; wenn an Stelle 
Oesterreichs ein Mittelreich unter der Herrschaft der Piemysliden, der 
Arpaden oder Anjou's gegründet worden wäre, oder wenn es Georg 
Podebrad und seinen Verbündeten gelungen wäre, die Habsburger aus 
der Ostmark zu verdrängen, wenn im Jahre 1683 zu den Zeiten der 
Türkennoth die Siebenbürger Rebellen im Bunde mit den französischen 
Reichsfeinden hier in Oesterreich ein Großkhanat gegründet hätten, 
wenn es in den großen Kämpfen des Erbfnlgekrieges und siebenjährigen 
Krieges, die Maria Theresia führen musste, den Feinden des habsbur- 
gischen Hauses gelungen wäre, die Anerkennung der pragmatischen Sanction 
zu hintertreiben, oder wenn im Jahre 1809 es Napoleon I. gelungen 
wäre, dauernd von Wien Besitz zu nehmen. Was wir in den Jahren 1848 
und 1866 erlebt haben, erscheint uns bei der Rückschau auf den welt- 
historischen Process, welcher Oesterreich geschaffen hat, nur als eine Fort- 
setzung jener Bestrebungen, welche bereits in früheren Tagen gemacht wur- 
den, um den Schwerpunkt Oesterreichs dauernd nach dem Osten zu ver- 
schieben, seine historische Grundlage zu verrücken und das aufzugeben, was 
jeder Dynastie das Heiligste ist, die Familienerinnerungen ihres Hauses. Und 
an diese knüpft sich seit 600 Jahren ein untrennbar-es Band mit dem öster- 
reichischenVolke. Sie werden es mit mir gerade in diesen Tagen als ein Glück 
preisen, dass die Dynastie der Habsburger an der Ostmark festen Fuß gefasst 
hat und als eine unbezwingliche Burg sich bewährt hat gegen alle Be- 
strebungen, welche von Osten her den Frieden und culturellen Fortschritt, 
in Sitte und Sprache bedrohen. Glücklich aber sind die Künstler vor allen 
Anderen, da sie den Fortschritt der Cultur in einer Sprache bethätigen 
können, welche alle Menschen verstehen, und allen zu gute kommt, gleich- 
viel ob sie arm oder reich, von niedriger oder vornehmer Abkunft; denn 
die Kunst kennt keinen Unterschied der Stände, der Confessionen und 
der Racen. Stärken Sie Ihre künstlerische Arbeitskraft, damit Sie, wenn 
Sie sich selbst berufen fühlen, oder berufen werden, die staatlichen, bür- 
gerlichen und kirchlichen Institute zu schmücken, von Ihren Zeitgenossen 
als vollständig ausreichend befunden werden. 
Lassen Sie sich nicht, junge Freunde, durch die politischen Schlag- 
worte und Strömungen des Tages irre machen. Haben Sie nicht den 
Theil und die Partei, sondern das Ganze im Auge; fragen Sie nicht ob 
liberal oder clerical, ob demokratisch oder föderalistisch; lenken Sie Ihre 
Blicke auf das ganze untheilbare und unzerreißbare Oesterreich und die 
Dynastie, welche durch sechs Jahrhunderte das Symbol des Reiches ge- 
wesen ist und bleiben wird, und Sie werden das edle Bewusstsein rnit sich 
nehmen, für den Aufbau Ihres Vaterlandes redlich mitgewirkt zu haben!
	        
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