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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XVIII (1883 / 208)

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ausgesehnitten, und an einem Gebäude auch schon der Kielbogen, aber alles immer scharf 
und karg, an ähnliche Bildungen in (Zentral-Syrien erinnernd. 
Diese eigenartigen Bauten, in weichem Sandstein mit der Spitzhaue hergestellt, 
dürften wohl im XII. Jahrhundert entstanden sein, wenngleich die fromme Tradition die- 
selben in's V. Jahrhundert verlegen will. Ratfray nennt sich bescheiden nur einen Laien 
in der Baukunst, und manche Stellen seiner Beschreibung konnten auch schärfer bezeich- 
nend abgefasst sein. Nichtsdestoweniger müssen wir ihm für seine Mittheilungen dankbar 
sein. Es ist also hinfort nicht mehr statthaft, von den Tempeln zu Ellora als den ein- 
zigen Monolithbauten der Welt zu sprechen. Allerdings welch" hirnmelhoher Abstand 
zwischen Ellora-Kailasa und Lalibela! Dort, entsprechend dem Ueberschwang der Mythen- 
bildung, den Tausenden der indischen Gottergestalten eine gleichartig phantastische, 
alles Mal:- und Gesetz überspringende Decoration, geschaffen von einem ganzen unter (iber- 
reichen Tyrannenfürsten geknechteten Volke; hier kleine Grotten und kahle einfache 
Bauten, geziert mit Ornamenten aus den Anfangen der Kunstentvricklung", nur bereichert 
mit dem Symbol des einen Gottes, dem die monchischen Bauherren dienten. 
Lamprecht, Karl: Initial-Ornamentik des VIII. bis XIII. Jahrhunderts. 
Vierundvierzig Steindruck-Tafeln meist nach rheinischen Handschriften 
nebst erläuterndem Text. Leipzig, A. Dürr, 1882. Fol. 
Nebst den Germanischen Graberfunden ist entschieden in den Initialen der Manu- 
scripte ein künstlerisches Materiale gegeben, an welchem sich wie nicht 'bald anderwarts 
die Entwicklung der nationalen Ornamentik durch Jahrhunderte verfolgen lässt, bis zum 
Schlusse der Staufenzeit, da die Ornamentik den Körper der Initiale, welchen sie solange 
geschmückt hat, verlasst und andere Entwicklungswege einschlägt. Drei Abschnitte sind 
da leicht zu unterscheiden, welche sich ziemlich den Perioden der politischen Geschichte 
anschließen: I. Die Stammeszeit, V.-VIII. Jahrh.; ll. Karolingerzeit; III. die deutsche 
Kaiserzeit bis in's XIII. Jahrhundert. In der Stammeszeit entwickelte sich die germanische 
Ornamentik eigenartig und selbständig trotz Christenthum und Römerthum, welche nur 
mittelbar durch die Iren und den Spatclassicismus zu den Deutschen kamen und in Folge 
dessen auch keine innere Umwandlung des ornamentalen Styles herbeiführten, sondern 
bloß klarend und die Entwicklung beschleunigend wirkten. Eine gründliche Veränderung, 
welche sich jedoch selbstverständlich schon lange vorbereitet hatte, gelangte im X. Jahr- 
hundert zur vollen Entfaltung. Damals kamen an Stelle der alten mathematisch-ornamen- 
talen Elemente der Bandornamentik, aus welcher sich auch eine wenig durchgebildete 
Thierornainentik ausgestaltet hatte, die Pilanzenrnotive mit immer neuen Wandlungen im 
XI. und XII. Jahrhundert zur Herrschaft, welcher aber schließlich die gothische Kalli- 
graphie und die Bilder-Initalen ein Ende machten. 
Dies ist in Kürze der Inhalt des Textes, mit welchem der Verfasser etwa zoo Ab- 
bildungen von Initialen aus rheinlandischen Handschriften erläutert. Die Gelehrsamkeit, 
Gründlichkeit und die bei so minutiosem Detail noch erreichte Klarheit der Ausführungen 
ist durchaus anzuerkennen und dürfte wenig Widerspruch erfahren, auch dort nicht, wo 
der Verfasser von dem allgemein anerkannten Werke von Sophus Müller und von dessen 
Ansichten über die Prioritat der Thierornamentik vor der Bandornarnentik abweicht. 
Besonders richtig scheint uns die 'Wurdigung des Einßusses der irischen Manuscripte auf 
die deutsche Ornamentik, dagegen wäre die Entwicklung der romanischen und gothischen 
Baukunst, wie sie im zweiten Absatze auf pag. tg gegeben ist, wohl schwer zu beweisen. 
Zur Vermeidung von Bemanglungen hatte im Titel von Lamprechfs Buch die Beschrän- 
kung auf die deutsche Ornamentik mehr betont werden können. Hochst willkommen wird 
den Forschern das im Anhange gegebene Verzeichniss der kunstgeschichtlich wichtigen 
Handschriften des Rheinlandes vom VIII. bis XIII. Jahrhundert sein. 
Williamson, E.: Les meubles d'art du mobilier national. Reproduites 
par les procedes de Vheliogravure en taiIle-douce de P. Dujardin. 
Paris, J. Baudry, 1883. FoI. 
Bisher liegt bloß die erste Lieferung (ä I0 Tafeln) dieses Werkes vor und gleich- 
wohl steben wir nicht an, dasselbe bereits jetzt allen Kunstindustriellen auf's beste zu 
empfehlen. Auf zoo Tafeln werden hier die etwa 6oo Barock-, Rococo- und theilweise 
noch Empire-Mobel reichster Art reproducirt werden, welche als Mobilier national irn 
elysaischen Palais. im Louvre, in Versailles, Trianon, Fontainebleau, Compiegne und Pau 
zerstreut und erst zum geringeren Theile dem Studium zugänglich gemacht sind. Der 
Ausdruck Mobel ist vom Herausgeber im weitesten Sinne gefasst, und es sind also auch 
Bronzen, montirte Vasen, Luster u. dgl. darunter begriffen; Objecte der Textilbranche 
werden weniger berücksichtigt werden, weil dieselben bereits von Guichard und Darcel in 
ihrem uTapisseries decoratifs du Garde-Meublea treflich veröffentlicht wurden. In Vet-
	        
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