BEILAGE
Nr. 163 der „Mittheilungen des k. k. Oesterr. Museums".
immer nur Versuch, Stückwerk, Provisorium. Jeder Patriot muss sehn-
lichst wünschen, dass eine zusammenfassende, ergänzende, consolidirende
Oberleitung baldigst aus den zahlreichen guten Elementen ein wohl-
gefügtes Ganzes aufbaue.
In Preussen hat es einerseits länger gedauert, bis man sich in Bea
wegung setzte, man hat aber dort andererseits auch nicht die Lösung
der wichtigsten Principienfragen aus lauter ungeduldigem Thatendrang
an's Ende der Organisationsarbeit verlegt; man hat die Erhebungen, Be-
rathungen, Studienreisen und grundsätzlichen Entscheidungen dort vor
Beginn der "Action vorgenommen und man wird darum dort voraussicht-
lich nach einer bestimmten Anzahl von Jahren weiter sein als wir, die
wir Anfangs vor überstürzender Geschäftigkeit zur Erwägung eines Planes
weder Zeit noch Geduld fanden, und die wir später der ganzen Arbeit
schon so überdrüssig sind, dass wir den empfindlichsten administrativen
Uebelständen gegenüber uns nicht zu dem Entschlusse aufraffen, endlich
Ordnung zu machen. So ist denn die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass
der einst so freudig verkündete und wirklich vielversprechende Aufschwung
mit unserer Ueberflügelung enden wird. Es wäre nicht das erste Mal,
dass österreichische Lebhaftigkeit und Initiative ein edles Wild aufgejagt
hätten, das sodann norddeutsche Ausdauer erlegt hat.
Wien im Januar 187g. A.
Die Bronzolnduatrie-Auastelluuq In Oostnrr. Iueull.
In den letzten Tagen des März wurde die Ausstellung von Erzeugnissen der öster-
reichischen Bronzeindustrie im Museum geschlossen, und es durften einige Bemerkungen
nber die eben so umfassende als lehrreiche Ausstellung wohl am Platze sein.
An dieser von der Bronzeindustriegesellschaft veranstalteten Specialausstellung
nahmen nicht blos Mitglieder der Gesellschaft, sondern auch ausserhalb derselben stehende
Industrielle Theil, und da zu gleicher Zeit die drei hervorragendsten Bronzegiesser von
Wien, nämlich die Herren Ponninger u. Röhlich und Turbain ihre für monumentale
Zwecke bestimmten Werke, und Hohmann die von Tilgner lebensvoll modellirte Büste
Rud. Ditmar's im Arkadenhofe des Museums ausgestellt haben, so gewann dadurch die
Ausstellung der Bronzeindustrie im Museum ein erhöhtes Interesse. Nur wenige Bronze-
industrielle sind bei dieser Ausstellung nicht vertreten, unter diesen auch Herr Samassa
in Laibach, der unter den Bmnzegiessern ausserhalb Wiens eine hervorragende Stellung
einnimmt. Die vornehmen Kreise Wiens und das Publicum nehmen einen sehr lebhaften
Antheil an dieser Ausstellung, durch welche sie zum ersten Male einen Einblick in die
Bedeutung der Bronzeindustrie machen können, und lernen in der grossen und theilweise
auch sehr gewählten Ausstellung die Talente sowohl der Industriellen als äuch der
Künstler kennen, welche für die Bronzeindustrie thßtig sind.
Bei keinem Zweige der Kunstindustrie ist das Zusammenwirken so vieler kunst-
lerischer und technischer Kräfte nöthig als bei der Bronzeindustrie. Der Architekt, der
Zeichner, der Bildhauer, der Ciseleur, der Emailleur, der Graveur, der Vergnlder, der
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