Nicht für überflüßig halte ich es, mit Piper darauf hinzuweisen, dass
Bembds Grabschrift im Vergleich zu anderen ähnlichen lnschriften aus
demselben Zeitalter eine besondere Genauigkeit und Präcision zeigt, dass
man also mit der keineswegs als Phrase gemeinten Wendung: v-V A
XXXVII integer, integrosu. nEr lebte als ganzer Mensch 37 volle
Jahren nicht willkürlich umspringen dürfe, sondern dass man gezwungen
sei, der Stelle jenen Sinn unterzulegen, der thatsächlich in den Worten
liegt, ohne weitere Deutelei. Hier muss also vom 6. April 1520 um
37 volle Jahre, nicht mehr und nicht weniger, zurückgezahlt werden,
wenn man auf dasjenige Geburtsdatum kommen will, das Bembo in der
Grabschrift gemeint hat. Bei dieser höchst einfachen Rechnung gelangt
man aber einzig und allein auf den 6. April.
Man hat wiederholt den Ausweg versucht, der Stelle den Sinn unter.
zuschieben, als hätte Bembo Kirchenjahre gemeint. Ein solches d. i. ein
Jahr aber, das von Ostern zu Ostern zählt, ist das gerade Gegentheil
eines nannus integeru. Wenn also Bembo schreibt vannos . . . . . integrosn.
so hat er gewiss nicht solche gemeint, die einmal kurz, einmal lang sind,
sondern einzig und allein Kalenderjahre. Wer aber nach diesen rechnet,
kommt auf den 6. April.
Eine Variante in der Angabe von RaphaeYs Sterbetag muss hier
noch erwähnt werden, weil sie, wie das der Sinn der Grabschrift mit sich
bringt, auch eine Variante des Geburtsdatums vorstellt. Ich meine die
Leseart in der Grabschrift: VII. Idus Apriles, das ist also der 7. April. Die-
jenigen, welche die Inschrift nach dem Steine selbst copirt haben, geben
unzweideutig und übereinstimmend: VIII. Id. Ap. den 6. April. So
finden wir es bei Fabretti, Fea und Forcella. So steht es auch in der
ersten Ausgabe der "Vitew des Vasari vom Jahre 1550 und in der zweiten
von 1568. In späteren Vasari-Ausgaben, also in der von Bottari (1759)
in der Ilorentinischen (1771) in der von della Valle (1792), endlich in der
Schorn-Förstefschen Uebersetzung lesen wir dagegen: VII. Idus 7. April.
Ausgemerzt ist der Fehler erst wieder in den neuen Vasari-Ausgaben,
hoffentlich, um sich nie wieder einzuschleichen.
Ich fasse {nun das bisher Gesagte zusammen: "Die Osterrechnung
welche uns einerseits lehrt, dass der Charfreitag von 14.83 auf den 28. März
fällt, andererseits, dass der 6. April 1520 ein Charfreitag war, die Angabe
des zuverlässigen Cardinals Bembo, welche mit Bestimmtheit dahin geht,
dass Raphael nicht mehr und nicht weniger als 37 Jahre gelebt habe,
endlich die Flüchtigkeit VasarPs, eines pragmatisch ja novellistisch vor-
gehenden Biographen. Wenn ich das Überblicke, so kann ich nicht um-
hin, das bei Vasari in unbewusster Umschreibung, nirgends
aber ausdrücklich gegebene Geburtsdatum des 28. März für
nnrichtigzu halten und dafür den 6. April als das wahr-
scheinlichste IÜUZUSICIICILM