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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XVIII (1883 / 214)

würde. Dieses könnte sehr leicht in einer Weise durchgeführt werden, 
ohne dass der Schulunterricht in der Volksschule irgend eine Störung 
erlitte. Es würde den Schulunterricht ergänzen, und den Hang zum 
Müßiggange, zu welchem unsere Jugend ohnedies große Neigung hat, 
und die Arbeitsscheu, ein Laster, aus welchem die meisten Verbrechen 
entspringen, in der Wurzel bekämpfen. Herr von Schenckendorff 
hat ganz Recht, wenn er in der mangelnden Erziehung zur Arbeit die Ur- 
sache der Verbrechen findet, die jetzt mehr als je an's Tageslicht treten. 
Auf die Nachtheile, welche unserem gewerblichen Leben dadurch er- 
wachsen, dass der Arbeitsunterricht nicht gepflegt wird , ist von mir oft 
in diesem Organe hingewiesen worden und ist von einem hervorragenden 
Wiener Kunstindustriellen aus Anlass der Gewerbe-Enquete betont worden. 
Das Gute muss gefördert werden, das Schlechte gedeiht wie das Unkraut 
von selbst. Aber es ist dies ein Grundzug unserer am Gängelbande des 
Bureaukratisrnus aufgewachsenen Bevölkerung, dass ihr die Lust zur Ini- 
tiative fehlt, und dass sie fast nie zu rechter Zeit das aus eigener Kraft 
thut, was noth thut, und daher auch Versuchen auf didaktischem Felde 
aus dem Wege geht, wie es jener ist, welcher zur Einführung des 
Handfertigkeitsunterrichtes in der Volksschule unternommen werden soll. 
Niemand verkennt die Schwierigkeiten der Durchführung eines I-Iand- 
fertigkeitsunterrichtes in unseren Volksschulen; es fehlen hinreichende 
Locale, geschulte Lehrkräfte. Jetzt würde es sich vorerst darum handeln, 
die Geister vorzubereiten, die Gemeindevorstände, Schulmänner und Geist- 
lichen mit jenen Ideen, welche schon Amos Comenius in so vortrelilicher 
Weise auseinandergesetzt hat, vertrauter zu machen. Vorerst müsste die 
Lücke des Volksschulgesetzes auf legalem Wege ausgefüllt und in den 
Lehrer- und Lehrerinnen-Bildungsanstalten für die nöthige Vorbildung 
im Handfertigkeitsunterrichte gesorgt werden. 
In der Nähe von Wien, im Norbertinum bei Pressbaum, welches 
die Schulbrüder vortrefflich leiten, ist der Handfertigkeitsunterricht durch- 
geführt. In Zillingsdorf ist für Waisenkinder ein ähnliches Institut. In 
beiden Instituten ist ein Internat und die Aufnahme eine beschränkte. 
Am meisten könnten unter den gegebenen Umständen Anstalten, wie 
Waisenhäuser, die Beschäftigungsanstalten für Knaben, Klosterschulen 
und die Schule des Frauenerwerbvereines thun. Letzteren ist die Aufgabe 
dadurch erleichtert, dass Mädchen für jede Handfertigkeit anstelliger und 
von Hause aus vorbereiteter sind als Knaben. Aber in unseren Volks- 
schulen, bei den Massen von Jungen, die unterrichtet werden sollten und 
nicht vollständig unterrichtet werden können, häufen sich die Schwierig- 
keiten, da die Gesellschaft selber noch wenig mit den Ideen des Hand- 
fertigkeitsunterrichtes vertraut ist. 
Die von Graf R. Belcredi gegebene Anregung bleibt fruchtlos, so 
lange nicht, sei es von Gemeinden oder von Schulmännern, ein Versuch 
unternommen wird, den Handfertigkeitsunterricht in der Volks- oder
	        
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