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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XVIII (1883 / 217)

Durchrden Bau ist ein bedeutsamer Schritt in der Stylentwicklung 
der gothischen Bauweise vor sich gegangen. Er hat unter den Händen 
Schmidfs einen modernen (zivilisatorischen Ausdruck erhalten und das 
Alterthümliche und Imitatorische verloren, das vielen gothischen Archi- 
tekturen diesseits und jenseits des Rheines und des_Canales anhaftet. 
Man kann jetzt von einer gothischen Renaissance mit demselben Rechte 
sprechen, wie von einer hellenischen. 
Das schöpferische Talent Schmidfs kommt durch diese Entwick- 
lungsphase des gothischen Styles zu glänzendem Ausdrucke. 
Ohne Frage ist Friedrich Schmidt gegenwärtig der erste gothische 
Baukünstler der ganzen christlichen und germanischen Welt. 
Wie sinken dieser Leistung gegenüber die kleinlichen Nergeleien, 
denen Schmidt in den letzten Jahren ausgesetzt war, in ihr Nichts zu- 
sammen! 
Der Gemeinderath hat sich während der ganzen Action der Fest- 
woche als Träger des dynastischen und des Reichsgedankens würdevoll 
benommen, und bei allen Enunciationen die untrennbare Verbindung der 
Reichshaupt- und Residenzstadt Wien mit dem Staatsgedanken der öster- 
reichischen Monarchie und ihre Verbindung rnit der Dynastie betont. 
Als Träger des Bürgerthumes hat der Gemeinderath sehr Recht gethan, 
bei dem statuarischen und malerischen Schmucke der historischen Per- 
sönlichkeiten, welche zur Hebung des Bürgerstandes und Wiens mit- 
gewirkt haben, zu gedenken. An Stelle der Allegorien sieht man Persön- 
lichkeiten, welche in der Geschichte des Reiches und der Stadt Wien einen 
hervorragenden Rang einnehmen. Es gehört zu den Eigenthümlichkeiten 
der Gothik, der Gegenwart ihr volles Recht einzuräumen. Die erste Stelle 
wurde den Monarchen Kaiser Franz Joseph, Rudolf von Habsburg und 
Rudolf dem Stifter zugewiesen. Die Ausführung dieser drei monumen- 
talen Reiterstatuen wurde den Bildhauern Carl Kundmann, C. Zumbusch 
und Josef Gasser übertragen. In dem malerischen Theile dürfte die erste 
Stelle die Zeit Maria Theresia's, Kaiser Josefs lI., Rudolf des Stifters und 
die Türkenzeit einnehmen. ' 
An den Act der Schlusssteinlegung, den 12. September 1883, knüpfen 
sich die-Erinnerungen an große, welthistorische Ereignisse, der Sieg des 
Christenthums über den lslam. Alles, was sich im 17. Jahrhunderte 
gegen die Dynastie, das Reich und die Kirche verbündet hatte, hat seine 
Action gegen Wien, das Bollwerk der Christenheit, gewendet, dessen 
heldenmüthige Bürgerschaft Wien und das Reich vor dem Untergange 
bewahrt hat. Hätten Starhemberg und die Bürger nicht ausgeharrt, säße 
auf dem deutschen Kaiserthrone ein Nachfolger Ludwigs XIV. oder ein 
Gesinnungsgenosse Emerich Tökölys Glücklicher Weise kamen die Ver- 
bündeten Kaiser Leopolds l., König Sobieski und die Reichstruppen, zur 
rechten Zeit. Der Gemeinderath hat folgerichtig mit der Schlusssteinlegung 
die Eröffnung einer historischen Ausstellung verbunden, in welcher alle
	        
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