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kommen soll. Der Preis von 6 Mark pro Lieferung ermöglicht auch minder reich do-
tirten Anstalten die "Anschadung der Publication, von welcher bisher 6 Lieferungen zu
I0 Tafeln vorliegen.- Ch.
Hermann Grimm: Zehn ausgewählte Essays zur Einführung in das
Studium der neueren Kunst. Zweite vermehrte Auflage. Berlin, Ferd.
Dümmlefs Verlagsbuchhandlung, t883. VIII und 487 Seiten -8.
Der bekannte Berliner Schriftsteller hat eine neue Ausgabe seiner verbreiteten
ersten Folge von Essays veranlasst, und obschon die Sammlung um sieben Aufsätze ver-
mehrt ist, den alten Titel beibehalten. An den älteren und wirklich auch zum größten
Theile veralteten Aufsätzen wurde wenig geändert. Wie weit sich Grimm gegen seine
einmal niedergeschriebenen Worte conservativ verhalt, zeige z. B. die S. 16 geäußerte
Vermuthung, es ware kein Bild von Dürer's Mutter vorhanden. Es ist aber Grimm ent-
gangen, dass eine der schönsten Zeichnungen Dürer's, seine Mutter vorstellend, durch das
Berliner Kupferstichcabinet erworben wurde. Ebenso wird die Aufschrift von Dürer's
Selbstbildniss als Knabe in der Albertina nach wie vor folgendermaßen mitgetheilt: i-Dies
malt ich nach meiner Gestalt, da war ich neun Jahre alt-i, wahrend sie in Wirklichkeit
lautet: uDies hab ich aus dem Spiegel nach mir selbst conterfeit im 1484 Jahr (also mit
13 Jahren) da ich noch ein Kind war. Albrecht Dürer.i Flüchtige Arbeit jedoch, und die
beschrankteste Kenntniss der Monumente, selbst wenn man die berechtigte Eigenthümlichkeit
dieses Autors in Betracht zieht, scheint hier doch etwas zu weit getrieben. Die sieben
neuen Aufsatze zeigen Grimm's bekannte Vorzüge und Schwächen, zum Theile wie uDaniel
Chodowieckfs Kunstlerfahrtenu oder dtalienische Portratisten des Quattrocentm sind es
Bücheranzeigen, welche andere Fachgenossen mit geringerer Prätention in eine periodische
Zeitschrift gebracht hatten, zum Theile, wie nzwei neue Gemälde von Arnold Bocklin- und
-die Standbilder Alexanders und Wilhelms von Humboldt in Berlin", Besprechungen neuer
Kunstwerke, die besser einen Platz in einem Tagesjournale gefunden hatten. Es ist er-
freulich, dass Grimm mit gerechter Anerkennung die Verwaltung und die Publicationen
der kon. Museen preist, wenn er aber erstaunt, dass Bode seine (Grimms) Vermuthung, die
Marmorbüste Alexander Vl. möge von Antonio Pollajuolo herrühren, nicht berücksichtigt
habe. so scheint er doch die Verdienste dieser Männer nicht recht gefasst zu haben. Ein
Aufsatz über Raphael und das neue Testament soll uns für die ldee gewinnen, es wäre
Raphaels Methode, die Bibel dem Buchstaben nach zu illustriren ein Fortschritt gegen-
uber der gleichsam an den Mythen mitschatfenden Phantasie des Quattrocento. aber Geburts-
tag Raphaelsv tritt energisch mit den schon oft aufgeführten Gründen für das richtige
Datum, den 6. April 1483, ein. rGedanken bei Besprechung einer Copie von Tizian's Assunta-
sind schließlich noch zu erwähnen. Sie schienen wichtig genug, urn aus der -Vossischen
Zeitung: von 186i wieder abgedruckt zu werden. F. W.
Le V" I-Ienri Delaborde. Bibliotheque internationale de Part. La gravure
en Italic avant Marc-Antoine (i452-t505). Librairie de Part. Paris et
London.
Ein neuer Band der Bibliotheque internationale de l'art, dem unter anderen schon
Müntz' vortreHliche Precurseurs und die grundlegendeArbeit Davillier's über das Mediceische
Porzellan vorangegangen waren, bringt die Geschichte des italienischen Kupferstiches vor
Marc Anton. Es ist erfreulich, dass einem grolferen französischen Publicum in populärer
Darstellung immer mehr und mehr das italienische Quattrocento nahe gebracht wird, das
sich bisher unter demselben noch nicht jener Aufmerksamkeit zu erfreuen hatte, die es
seiner künstlerischen und historischen Bedeutung nach verdient.
In fünf Capiteln werden zuerst die Anfange des italienischen Kupferstiches,
darauf die älteren Florentiner Stecher, Paduaner und Venezianer um Mantegna gruppirt,
die Stecher in Modena, Mailand und Bologna, endlich in einem Schlusscapitel der ita-
lienische Holzschnitt betrachtet. Auffallend ist, dass der hochbedeutende Monogrammist
T7), der sogen. Pelegrino da S. Daniele nur mit einer gelegentlichen Erwähnung {unter
diesem falschen Namen abgethan wird, dass Nicoletto da Modena nicht unter den Vene-
zianem aufgeführt wird, sondern vereinzelt bei den Meistern aus den Marken, endlich dass
Jacopo, der Sohn des Francia, überhaupt in dieser Aufzählung der Stecher vor Marc Anton
erscheint, ein Künstler, der, wie jeder Zug des Stichels beweist, ein directer Schüler des
Marc Anton gewesen. Ueber das Anhangscapitel, die Erfindung des Kupferstiches, ware
Manches zu sagen, doch mag es genügen, wenn angeführt wird, dass der Autor in der
Hauptsache den Ansichten Zanis folgt, und nur bei der Besprechung des Holzschnittes
glücklich von Lippmann's jüngsten Arbeiten Gebrauch macht. Die vielen guten Illustra-
tionen werden das Buch zahlreiche Freunde finden lassen, vornehmlich in Frankreich,
für das es ja auch zunächst bestimmt ist. W.