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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XVIII (1883 / 217)

malerische Schmuck vollendet sein wird. Wir wünschten sehr, es möchte 
die Malerei nicht als Stiefkind behandelt und dieser Kunst im neuen 
Rathhause die gebührende Stellung eingeräumt werden. 
Holfentlich wird sich auch in dieser Angelegenheit der Gemeinde- 
rath auf der Höhe der Situation bewegen. 
Der Rathhausbau hat Anlass zu einer Reihe von künstlerischen und 
wissenschaftlichen Arbeiten gegeben, unter denen die Ehrenketten, die 
Medaillen von Tautenhayn und Scharff, die Festschrift und die 
Publicationen von Renner und Newald, sowie die vom Kriegsmini- 
sterium unternommenen historischen und kartographischen Arbeiten eine 
hervorragende Stellung einnehmen. 
Die Schlussstein-Urkunde für das neue Rathhaus lautet 
wie folgt: 
Wir Bürgermeister und Gemeinderath der Reichshaupt- und Residenzstadt Wien 
beurkunden hiemit folgenden denkwürdigen Act: 
ln freudiger Zuversicht auf die Fortdauer des Gedeihens unserer Stadt begannen 
wir im Jahre 187: den Bau dieses Hauses. 
Nach Vollendung der Fundamente legten Se. Majestät unser Allergnadigster Kaiser 
und Herr Franz Josef I. unter dem Bürgermeister Dr. Cajetan Felder in Allergna- 
digster Gewährung unserer Bitte am I4. Juni 1873 den Grundstein zu dem Hause, bei 
welchem feierlichen Acte Se. Maiestat mit den huldvollsten Worten der unerschütterlichen 
Liebe und Treue seiner Bürger für Thron und Vaterland gedachten. 
Nach zehn Jahren schwerer und mühevoller Arbeit gedieh das Werk durch die 
mächtige Schaffenskraft unseres Meisters der Baukunst Friedrich Schmidt und durch 
rühmlichen Eifer seiner Werkgenossen so weit, dass dasselbe heute baulich vollendet in- 
mitten der großten und schönsten Stadtanlage mit stolzer Pracht als Wahrzeichen des 
freien Bürgerthums hoch emporragt. 
ln dankbarer Erinnerung an die heute vor 200 Jahren erfolgte Befreiung Wiens 
von der überlegenen Macht der Türken durch den Heldenmuth seiner Vertheidiger und 
Befreier beschlossen wir die Weihe dieses für die Machtstellung Oesterreichs und für 
das Wiederaufblühen unserer Stadt so großen Gedenktages durch die Feier der Schluss- 
steinlegung zu erhöhen. 
Als erneuertes Merkmal kaiserlichen Schutzes und Schirmes vollzogen über unsere 
ehrerbietige Bitte Se. k. und k. Apostol. Majestät Kaiser Franz Josef l. in Gegenwart 
Seiner k. und k. Hoheit des durchlauchtigsten Kronprinzen Erzherzogs Rudolf und der 
übrigen durchlauchtigsten Mitglieder des Kaiserhauses diesen feierlichen Act und geruhten 
denselben zum ewigen Gedachtniss durch Allerhochstihre Unterschriften zu bezeugen. 
(Unterschriften) 
Der Allmächtige wolle diesem Hause seinen Schutz und Segen bewahren, dass es 
zu allen Zeiten bleibe eine feste Stütze für Kaiser und Reich, ein sicherer Hort für Recht 
und Freiheit. 
Gemeinsinn und Opferwilligkeit, Friede und Eintracht verbinde an dieser Stätte 
immerdar die Bürger zur gemeinsamen That, wenn es gilt, ihre Rechte und ihre Frei- 
heiten zu beschirrnen, das Glück und das Wohl ihrer Mitbürger und das Fortblühen ihrer 
ehrwürdigen, an Ruhm und Ehren reichen Stadt zu fordern. 
Was wir durch unsere Unterschrift und unser Siegel bekräftigen. 
Wien, am u. September 1883. 
(Unterschriften) 
Die beiden Ansprachen, welche Dombaumeister Friedrich Schmidt 
bei dem Baufeste des Ralhhauses am 13. September gehalten hat, sind 
so bedeutsam und charakteristisch für den Architekten dieses Baues, dass 
wir uns veranlasst finden, beide Ansprachen vollständig unseren Lesern 
mitzutheilen.
	        
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