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künstlerischer Bedeutung. Die Folge war, dass trotz allen commer-
ciellen Geschickes, mit welchem die Schweiz noch heute deren Vertrieb
in Scene zu setzen weiß, das Publicum sich von diesen Erzeugnissen
abwandte, die Schulen aber bis auf jene in Brienz eingegangen sind.
Gegenwärtig besteht daselbst ein Actieninstitut, welches das Ziel verfolgt,
Möbel mit reich geschnitzten Ornamenten zu fabriciren, ein Unternehmen,
das mit Rücksicht auf den bedeutenden Aufschwung, den die Schweizer
Möbelindustrie in den letzten Jahren genommen, Aussicht auf Erfolg zu
haben scheint. Was die Ausstellung an Holzschnitzereien Gutes bietet,
das sind jene wenigen figuralen Arbeiten, die nicht in Verbindung mit
irgend einem Geräthe, sondern um ihrer selbst willen angefertigt worden
sind. Ebenso anerkennenswerth sind einige Sessel und eine Credenz,
erstere im Gescbmacke der deutschen Renaissance, aber mit leichterem,
zierlicherem Schnitzwerke, als es im 16. u. 17. Jahrhunderte bei Stühlen
üblich war. Bei den meisten anderen Arbeiten hat der Naturalismus zu
den absurdesten Dingen geführt. Da ist z. B. ein Baum in natürlicher
Größe mit Aesten und Zweigen, auf dessen Spitze ein Papagei sitzt, der
von einem unten stehenden Hunde angebellt wird, und das Ganze bildet?
- einen Kleiderstock. Nicht weit davon hängt zum nämlichen Zwecke.
ein lebensgroßer Elephantenkopf. In ähnlicher, wenn auch minder dra-
stischer Weise geht es fort durch die ganze Abtheilung, so dass es wahr-
haft wohl thut, diesen Raum zu verlassen. Man gelangt aus demselben
in die Abtheilung für Möbel.
Die Schweizer Möbelindustrie, einst ein blühendes Gewerbe, hat im
18. Jahrhundert fast ganz aufgehört und musste in unseren Tagen
völlig neu begründet werden. Die großen Erfolge Deutschlands und
namentlich Württembergs auf diesem Gebiete und das Streben, dem
Massenimport von billigen und schlechten Möbeln aus Berlin und ele-
ganten Wohnungseinrichtungen aus Paris entgegenzuarbeiten, haben
diese Industrie angeregt. Die zu Stande gekommenen Arbeiten sind
denn auch höchst anerkennenswerth, und steht dieser Industrie, soweit
es sich um den heimatlichen Markt handelt, gewiss eine schöne Zu-
kunft bevor. Obenan stehen die Städte Zürich und Basel, ihnen folgen
Luzern und Bern. - Was einzelne Tischler mehr oder weniger selb-
ständig geleistet, ist allerdings oft mangelhaft und verfehlt, dagegen
hat ein Vorgehen, das sich auch für unsere Ausstellungen empfehlen
würde, zu meist sehr gelungenen Resultaten geführt, das ist das Arrange-
ment von Collectivausstellnngen, wobei man vollständig eingerichtete
Innenräume im Auge hatte. Die verschiedensten Industriellen überließen
sich der Leitung eines Architekten, Museum-Directors oder eines sonst
erfahrenen Mannes, und es entstanden auf diese Weise Interieurs von
einfachster bis zu reichster Ausstattung, an welchen nicht allein die Mit-
betheiligten, sondern auch das Publicum und namentlich die Möbelfabri-
kanten im Allgemeinen viel zu lernen haben. So finden wir eine Anzahl