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Wohnzimmer, Schlafzimmer, Speisezimmer, einige Salons, Boudoirs,
Badezimmer, Vorzimmer und Küchen, eine Bibliothek, eine Weinstube
und ein Bureau. Wir sehen, auch die Abwechslung ist größer, als wir
es bei unseren Ausstellungen gewohnt sind. - Unter allen diesen Interieurs
ist namentlich die nBibliotheku, eigentlich ein Herren-Wohnzimmer, als
höchst gelungen zu bezeichnen, und es spricht für den guten Geschmack
der Ausstellungsbesucher, dass dieses Zimmer nicht weniger als sieben-
mal bestellt wurde. Es bildet einen Theil der Collectiv-Ausstellung der
Baseler Handwerker und wurde von Herrn Bub eck, Director des
dortigen Gewerbemuseums, entworfen. Ein Speisezimmer derselben l-ler-
kunft reibt sich dieser gelungenen Leistung würdig an. -- In den übrigen
derartigen Collectiv-Ausstellungen, wie in der von Appenzell, Zürich,
St. Gallen, Riesbach, Aarau, Oberthurgau, Pfäfiikon, Winterthur, Chur,
Emmishofen u. a., kann allerdings nicht Alles vollkommen gebilligt
werden, in den meisten Fällen ist aber ein künstlerisches Ensemble
erreicht worden, und was noch mehr zu loben ist und fast allgemein
beobachtet werden kann, die Möbel sind nicht nur feiner und leichter
im Profil wie im Aufbau als bei uns, und mehr den Mustern der fran-
zösischen Renaissance nahekommend, sie sind in der Regel auch einfacher
und für bürgerliche Verhältnisse passender. Was dagegen die schöne
Gesammtwirkung dieser Wohnräume sehr oft zerstört hat, das ist die
unglückliche Hand der Tapezierer. Aber wo in aller Welt ist sie glück-
lich? Je mehr diese Leute wollen, desto weniger erreichen sie, ihr ver-
meintlich Bestes sind die läppischesten Phantastereien, Bei den Schweizer
Tapezierern oder Decorateuren, wie sie sich jetzt gerne nennen, sowie bei
den Kunstindustriellen der französischen Schweiz überhaupt, ist der Ein-
fluss von Paris sehr bemerkbar. Paris ist aber für die Kunstindustrie eine
gefährliche Schule; denn dort, wo Alles auf die Spitze getrieben wird,
lässt sich nur bei ganz ungewöhnlicher Intelligenz für's Leben und die
Weiterentwicklung etwas lernen.
Indern wir zur berühmtesten, zur eigentlichen Weltindustrie der
Schweiz, der Uhrenfabrication übergehen, müssen wir vor Allem constatiren,
dass dieselbe bei dieser Ausstellung der Beurtheilung vom kunstindustri-
ellen Standpunkte viel mehr bietet, als dies bei früheren Ausstellungen
der Fall war. Eine Industrie, welche jährlich Waaren im Werthe von
mehr als ioo Millionen Frcs. in alle Welt versendet, muss allerdings
auch für Jene sorgen, die an Geschmacklosem ihre Freude haben, aber
wir halten es für einen sehr günstigen Percentsatz, dass mindestens der
fünfte Theil der decorirten Taschenuhren, oder vielmehr der Uhrgehäuse,
künstlerischen Anforderungen gerecht wird. Der Mehrzahl nach sind es
Damenuhren, bei welchen an feiner, geschmackvoller Ausstattung Treff-
liches geleistet wird. Auf die mannigfaltigste Weise sind dieselben ver-
ziert. Gravirung, Emaillirung, Besatz mit Edelsteinen, verschiedenfarbige
Vergoldung , Niellirung, ja selbst getriebene und ciselirte Arbeit, sowie