Zur Frage der Hausindustrie
mit besonderer Berücksichtigung österreichischer Verhältnisse.
Von R. v. Eitelberger.
(Schluss)
Fasst man zuerst die Volksschule in's Auge, so muss in derselben
zuerst die Handfertigkeit geübt werden und es muss in dem Unterrichts-
plan für die Uebung dieser Handfertigkeit Raum gescheiten werden. Lehnt
sich nun die Handfertigkeit, welche in der Schule vermittelt wird, an die
Handlertigkeit an, welche in der Familie geübt wird und welche die
Familie erwerbsfähig macht, so erscheint dann die Schule als Fortsetzerin
dessen, was in der Familie als Hausindustrie betrieben wird. Allerdings
muss der in der Schule geübte Handfertigkeitsunterricht didaktisch richtig
behandelt werden und nicht als etwas, das man blos zum Zeitvertreib,
zur geistigen Erholung ansieht, sondern es muss ein solcher Unterricht
als Hauptgegenstand betrachtet werden, damit der Junge empfindet, dass
er künftighin als Mitglied eines arbeitenden Volkes zu wirken hat und
das Gefühl in sich aufnimmt, dass er seinerzeit mit der Hände Arbeit
sich und die Seinigen wird ernähren müssen. Er wird am Schluss der
Schule es dann als keine Demüthigung empfinden, wenn er aus der
Schule in das Handwerk libertritt, und er wird auch nicht den unruhigen
Drang haben, ein anderes Lebensziel anzustreben, als das ist, was durch
die Arbeit und Thätigkeit gegeben ist. Wer, wie ich, seit 16 Jahren die
Jugend beobachten konnte, welche aus den Schulen heraus, sei es Bürger-
schule oder Realschule, in die Kunstgewerbeschule iibergetreten ist, der
konnte erfahren, dass der grösste Theil der Jugend ein höheres Ziel
anstrebt und entweder im Lehrerstande oder im Künstlerthum Stellung
sucht. Nur wenige Schüler sind es immer, welche die Vervollkommnung
des Gewerbes ihres Vaters zum Zielpunkte ihrer Bestrebungen machen.
Die gegenwärtigen Zustände des Volksschulunterrichtes führen immer
dahin, ein größeres Maß von Jungen in die Hauptstädte zu locken, und
nur selten wird durch den Einfluss der Schule die Erwerbsthätigkeit des
Ortes gefördert. ln welchem Jahre der Handfertigkeitsunterricht in der
Volksschule beginnen soll, das hängt von den localen Bedürfnissen und
localen Gewohnheiten ab, kann daher kein Gegenstand einer allgemein
giltigen Maßregel sein. Was der Staat thun kann, ist, dass er sagt: ln
der Volksschule muss ein Handfertigkeitsunterrichr gegeben werden. Wenn
aber die Staatspädagogen sich der Holfnung hingeben, ohne diesen Hand-
werksunterricht durchzukommen und die Jugend darauf hinzuweisen, erst
nach vollendeter Schulpflicht, sei es nach dem 12. oder nach dem 14..
Lebensjahre, mit der Uebung von Handfertigkeiten zu beginnen, so geben
sich diese Pädagogen einer groben Täuschung hin.
Der Standpunkt des vorigen Jahrhunderts ist der dem Gewerbe
günstigere, jener unserer Zeit der dem Gewerbe schädlichere. Allerdings