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Das Wissen ist ohne Zweifel für den Arbeiter ein wichtigesWerk-
zeug der Macht, der Herrschaft über die Materie, aber es ist auch ein
kraftiges Mittel zur Beruhigung und Wiederherstellung des Friedens:
die Leidenschaften der Anarchie sind alle Tochter der Unwissenheit.
Wenn man den Arbeiter nicht nur die Naturgesetze lehrt, mit denen er sich bei der
Ausübung seines Handwerks befasst, sondern ihn gleicherweise mit den socialen Ge-
setzen vertraut macht, wenn man ihn die wirthschaftlichen Erscheinungen klar erkennen
lasst, welche die Feinde der bestehenden Gesellschaft (die gleichwohl die freieste und
demokratischste aller Gesellschaften ist) zu verdrehen und zu verdunkeln suchen, wenn
man dem Arbeiter richtige Begriffe über die socialen Probleme vermittelt, so ist das ein
großer Schritt zu ihrer Lösung. Das was in anderen Zeiten nur eine religiöse oder dunkle
Resignation einer unverstandenen Nothwendigkeit gegenüber war, kann durch die Fort-
schritte der Erltenntniss und durch die Gewöhnung an das Nachdenken eine vernünftige
und freiwillige Zustimmung zu dem natürlichen Gesetz der Dinge werden, eine Zustim-
mung, welche sich in vieler Hinsicht durch ein richtigeres Verständniss der Mittel belohnt,
mit deren Hilfe man die Harten desselben rnildera kann.
Ich habe endlich gesagt, dass in dieser Angelegenheit ein wichtiges wirthschaft-
liches Interesse in Frage komme. Gewiss ist die französische eine große, arbeitsarne
Nation: sie hat auf den friedlichen Feldern der freien europäischen Concurrenz große
Siege davon getragen! Aber vor den Blicken aller Weiterschauenden liegt es klar, dass
man hier wie auf anderen Schlachtfeldern nicht auf den errungenen Siegen ausruhen
darf. Wir haben rings um uns her, vor unseren Thoren wie jenseits des Oceans außer-
ordentlich gefährliche Concurrenten in Bezug auf die Arbeit. Das was von ihren Erzeug-
nissen zu uns gelangt, die Berichte, welche bei uns eingehen, und vor Allem die Con-
currenz, welcher wir draußen auf fremden Markten begegnen, alles das gibt uns War-
nungen, die wir nicht unterschätzen dürfen.
Ja, sowohl auf dem industriellen wie auf dem anderen Schlachtfelde kennen
Nationen fallen und zu Grunde gehen; auf diesem wie auf jenem Schlachtfelde kann
man überrumpelt werden, kann man durch nbertriehenes Vertrauen, durch Selbstbewun
derung oder durch Thatlosigkeit, Trägheit der öffentlichen Gewalt in kurzer Zeit eine
bis dahin unangefochtene Ueberlegenheit verlieren. Vor dieser großen Gefahr soll unser
Land der Arbeitsunterricht schützen; es gibt kein wichtigeres nationales Interesse, und
ich kann es hier sagen und wiederholen, ohne zu fürchten, von Jemandem widerlegt zu
werden: es ist an der Zeit, meine Herren, die Werkstatt wiederherzustellen,
das heißt das Vaterland wiederherstellen]
Der Laaser Marmor auf der XIV. Jahresausstellung im
Künstlerhause zu Wien.
Von R. v. E.
Der Schwerpunkt der heurigen internationalen Jahrcsausstellung liegt
in den plastischen Werken. Unter diesen nehmen die Arbeiten, welche
in Laaser Marmor ausgeführt wurden, eine hervorragende Stelle ein.
Schon im August des Jahres 1874 (Mittheilungen des Oesterr. Museums,
Jahrg. IX, Nr. 10g) habe ich die Aufmerksamkeit des Publicums auf die
Marmorbrüche in Laas gelenkt und erlaube mir heute auf diesen Gegen-
stand zurückzukommen. Diese Marmorbrüche werden einen Theil des
Nationalreichthums Oesterreichs bilden, wenn sie gehörig benützt und
rationell ausgebeutet werden. Lange hat es gedauert, bis die Vorzüge
des Laaser Marmors den Künstlern und dem Publicum klar wurden.
Unsere Bildhauer, die sich vorzugsweise nur mit dem Modelliren be-
schäftigen und nicht gewohnt sind, in Stein zu arbeiten, begünstigen den
Carrara-Marmor, der ihnen bekannter ist und der von den wälschen
Unternehmern und Punkteurs stets in den Vordergrund gestellt wird.
Erst heuer kommt der Laaser Marmor zur Geltung und zwar durch eine