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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XIX (1884 / 224)

nordwestlichen Provinzen vorgefunden, und sich in" der Zeit von 1665 bis 1675 ver- 
geblich bemüht, sie zu monopolisiren. Die Geschichte dieses zehnjährigen Krieges zwischen 
dem allmächtigen Minister und der Bewohnerschaft von Alencon und der Umgegend ist 
in hohem Grade interessant und lehrreich. Die ,directe Auflehnung der Arbeiterinnen 
gegen die königlichen Verordnungen war leicht zu unterdrücken, aber gegenüber dem 
passiven und geheimen Widerstande versagten die Gewaltmittel. Nicht der zehnte Theil 
der Arbeiterinnen der Gegend (yoo von 8000) folgte der Aufforderung, in den Dienst 
der privilegirten Gesellschaft zu treten, die anderen arbeiteten angeblich für den eigenen 
Bedarf weiter und ihr Fabricat wurde durch Klöster, durch Kaufleute u. s. w. vertrieben: 
die Behörden ahnten wohl diese Verhältnisse, waren aber nicht fähig denselben zu 
steuern, und endlich gab die Regierung stillschweigend nach, indem sie das Privilegium 
nicht erneuerte. Allerdings erhält man den Eindruck, dass die Dinge hätten einen anderen 
Verlauf nehmen können, wenn die Beamten und Agenten weniger Brutalität und bureau- 
kratischen Eigensinn gezeigt hatten. - Die angebliche Lehrwerkstätte auf Schloss Lourai 
ist vollig in das Gebiet der Marchen zu verweisen. B. 
u: 
Hauser, Alois, Styllehre der architektonischen Formen des Mittelalters. 
Wien, A. Hölder, 1884. x32 S. 8. 
Durch das vorliegende Werk hat Professor Hauser die Aufgabe, mit welcher er 
vom k. k. Unterrichtsministerium betraut worden war, eine Styllehre der architektonischen 
Formen von der Antike bis zum Ausgange der Renaissance zu verfassen, zu einem guten 
Ende geführt. Jene Theile, welche die Antike und die Renaissance behandeln, sind 
früher erschienen und wurde bereits deren zweite Auflage nothwendig. Gerade die Schil- 
derung des Mittelalters, einer tausendjährigen Periode rastloser Entwicklung von den 
Bauformen der Antike bis zu ihrem vollständigen Widerspiel in der vollendeten Gothik, 
bot nicht geringe Schwierigkeiten. Der Verfasser hat es verstanden, in der Fülle der 
Erscheinungen die durchgängige Tendenz des Hochbaues, diesen leitenden Faden in dem 
Werdeprocess der mittelalterlichen Baukunst festzuhalten, und andererseits, wie es in 
einer Styllehre unerlässlich ist, das formgebende Element des Materials als das aus- 
schlaggebende, immer wieder hervortreten zu lassen. Den überreichen Stoff auf neun 
Druckbogen zu bewältigen, ward ihm aber nur möglich dank seiner außerordentlich 
klaren und pracisen Ausdrucksweise als praktischer Architekt, welcher stets nur auf das 
Wesentliche der Bauformen lossteuernd sich auch nicht mit einem Worte zu Concessionen 
an leere, blos wortschöne Diction verleiten ließ. Diese Eigenschaften des Textes werden 
noch durch nicht weniger als 115 Original-Holzschnitte unterstützt, welche in dem 
Atelier Günther und Rucker musterhaft ausgeführt, fast durchwegs mit Angabe des Maß- 
stabes versehen, in Folge ihrer sorgsamen Auswahl selbst demjenigen willkommen sein 
werden, welcher die historischen Details der geschilderten Periode bereits sein eigen 
nennen zu können glaubt. Als eine besondere Bereicherung gegenüber vielen anderen 
Büchern ähnlicher Art müssen jene Illustrationen bezeichnet werden, in welchen die 
Publicationen denArchives de la Commission des monuments historiques, und Dartein's 
Werk über die lombardiscbe Architektur verwerthet erscheinen. Die allgemeine Literatur- 
angabe mit besonderer Rücksicht auf die Tafelwerke ist für den gesetzten Zweck voll- 
kommen entsprechend. An die Beschreibung des constructiven Theiles, welche schließlich 
den gothischen Styl als das Ergebniss consequentester Durchführung des reinen con- 
structiven Gedankens, so gut aus einem Guss: wie es der griechische Tempelstyl 
gewesen war, in ganz ausgezeichneter Weise schildert, folgt die Betrachtung der orna- 
mentalen Formen. Wenn die Kunst des Islam von vornherein etwa programmgemäß aus- 
geschlossen war, so wünschen wir eine nachträgliche Erweiterung des officiellen Pro- 
grammes, also eine Fortsetzung des Werkes sowohl nach dieser Richtung, als auch über 
die Renaissance hinaus, auf den Barock- und Rococostyl, damit die Kette der Stylent- 
wicklung fortgeführt wäre von den alten Culturvolkern bis zum Anknüpfungspunkt in 
der Gegenwart. Mag man vielleicht in Details nicht immer des Autors Meinung theilen, 
etwa ein oder das andere Baudenkmal, oder selbst Gruppen, wie die spanische, beson- 
ders darstellenswerth erachten, so ist doch Hauser's Styllehre in ihren vorliegenden 
Theilen, nach lnhalt und Form, nach Text und Bildern als ein Werk zu bezeichnen, wie 
die gesammte Unterrichts-Literatur der andern Staaten kein gleiches aufzuweisen hat. 
Ch.
	        
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