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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XX (1885 / 233)

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Der Baumeister ist dadurch seiner bisherigen Berechti- 
gung zur gewerbsmäßigen Ausübung des Baugewerbes be- 
raubt, und ihm bleibt bloß die Wahl, entweder Bauunter- 
nehmer zu werden, oder die Bauten zu planen und zu leiten, 
welche Aufgabe bei öffentlichen Bauwerken, sowie bei her- 
vorragenden Privatbauten bis nun dem Architekten zuge- 
fallen. 
Es soll hier nicht weiter von dem schädlichen Einflüsse gesprochen 
werden, welchen dieses Verhältniss auf das Maurergewetbe selbst 
hinsichtlich der Fachtüchtigkeit und Leistungsfähigkeit 
seiner Vertreter nehmen würde, sondern strenge die Frage dahin 
beurtheilt werden, ob es im staatlichen Interesse gelegen, die 
Classe der Architekten dadurch zu beeinträchtigen, dass in einem die 
Bauthätigkeit so intensiv berührenden Gesetze der heutigen 
Stellung des Architekten nicht gebührend Rechnung getra- 
gen wird. 
Es erscheint dieserhalb hier geboten, einige historische Rückblicke 
anzuführen. 
So weit unsere Kenntnisse zurllckreichen, ersehen wir, dass der 
Stand der Architekten, sowie wir ihn heute kennen, und wie wir ihn 
geschützt und gefördert wünschen, immer gewesen. 
Zu allen Zeiten war die schöpferische Thätigkeit an den Bauwerken 
den Architekten als Baukünstlern und Bauconstructeuren zugewiesen. 
Schon Vitruv zeichnet die Aufgabe des Architekten dahin, dass der- 
selbe das Gebäude zu planen, den Bau zu leiten habe und die Arbeiten 
der anderen Werkleute und Künstler zu begutachten. 
Besondere, umfassende Kenntnisse werden daher vom Architekten 
verlangt. 
Die Zeit der christlichen Baukunst nimmt das alte Verhältniss auf. 
In den Klöstern finden sich die Baukünstler, welche die romanische 
Stylperiode begründen. 
ln der Zeit der Gothik sind es die Bauhütten als freie Vereinigung 
von Baukünstleru, welche uns die Stätten bezeichnen, von welchen aus 
die mittelalterliche Kunst ihren Weg nimmt. 
Erst mit der Einführung zünftiger Einrichtungen, mit dem Angritie 
auf die freie künstlerische Vereinigung gehen die Bauhütten ihrem Ver- 
falle entgegen. 
Die Zeit der Renaissance kehrt daher abermals zur freien Stellung 
des Baukünstlers zurück. 
In einer Kunstepoche, wo mit einem Schlage eine auf hundert- 
iähriger Pflege und Entwickelung beruhende Kunstanschauung in den Hinter- 
grund tritt, ist es wohl selbstverständlich, dass sich unabhängig von 
den im Formenwesen ersterbenden Bauhütten die Bauküustler entwickeln 
mussten. -
	        
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