emporgearbeitet, und sahen wir Gitter, Lampen, Luster, Gueridons und
Beschläge aller Art entstehen, die eine erfreuliche Virtuosität in Behand-
lung dieses Materiales bekundeten", so wurde das Schmiedeeisen, seinem
festen, derben Charakter und seiner bescheidenen Farbenwirkung wider-
sprechend, mit Fayence und Porzellan verbunden, und es entstanden
Vasen und Schüsseln, Lampen und Uhren in Schmiedeeisen gefasst oder
mit solchem verziert, eine Combination, die ebenso unschön als styllos
genannt werden muss. Aehnliche Verirrungen finden wir auch auf anderen
Gebieten. Die mannigfachen und originellen Formen der nationalen
Töpferarbeiten boten unserer Keramik willkommene Gelegenheit, sich mit
neuen Arten zu bereichern, aber statt zu erkennen, dass die primitive
Technik und der geringe Aufwand an Mitteln mit zum Styl dieser Ar-
beiten gehört, hat man es verstanden, sie durch gesuchte Farben, unpas-
sende Malereien, plumpe Vergoldungen und sonstige Zuthaten charakterlos
zu machen. Und so ließe sich überall nachweisen, wie unter den Händen
der Fabrikanten und Kunstindustriellen Alles sofort styllos wird und
styllos werden muss. sobald nicht tüchtig geschulte Künstler, welche
sich gründlich mit den Stylfragen auf dem Gebiete des Kunstgewerbes
vertraut gemacht haben, den verschiedensten Verirrungen Einhalt thun.
Den Kunstindustriellen soll damit weder ein Vorwurf gemacht noch eine
unverdiente Kränkung zugefügt werden. Solche Erscheinungen sind viel
zu tief im Wesen unserer Zeit begründet, als dass Einzelne im Stande
wären, dagegen anzukämpfen. Täglich können wir es beobachten, welch'
lächerlicher Unsinn, welch' zügellose Willkür, welch' wahnwitzige Ge-
schmacklosigkeit sich in den Schaufenstern unserer Magazine breit macht.
Eisenbahnwaggons als Photographierahmen, Leiterwägen als Wandspiegel,
Fecht-, Jagd- oder Sportrequisiten als Tische, Stühle, Gebrauchs- und
Decorationsgegenstände aller Art, das sind die witzigen Einfälle einer
Kunstindustrie, welche für den Geschmack der großen Menge diesseits
und jenseits des Oceans arbeitet. Und man hat für diese Dinge auch
einen neuen, höchst charakteristischen Namen gefunden, man nennt sie
nPhantasie-Artikell. Es ist dieser Ausdruck deshalb so charakteristisch,
weil darin das völlige Verkennen dessen, was Phantasie, wenigstens eine
künstlerisch schaffende, eigentlich ist und soll, so deutlich zu Tage tritt.
Dass es aber so gekommen ist, kann Niemanden überraschen. Die
industriellen Erfindungen haben ungeheure Fortschritte gemacht, und die
Kunst hat mit ihnen nicht gleichen Schritt halten können. Nun sind
große Anstrengungen, eingehende Studien, umfassende Kenntnisse, nun
ist vor Allem eine ganz eminente künstlerische Begabung nöthig, um
dieses Missverhältniss nur annähernd auszugleichen. Die Kunstindustrie
hat in die Vergangenheit zurückgreifen müssen, um dort wieder festen
Boden zu gewinnen, sie musste die historische Wissenschaft zu Hilfe
nehmen, und auf solche Weise die künstlerischen Bedingungen gleichsam
von Neuem entdecken. Diese wissenschaftliche Grundlage ist aber auch