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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XX (1885 / 233)

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die Ursache, warum das große Publicum der Kunstindustrie weit weniger 
Theilnahme entgegenbringt als in früheren Zeiten. Gehört ja zu deren 
Verständniss ein Grad allgemeiner Bildung, welchen diejenigen nicht immer 
erreichen, die ihrem bürgerlichen Berufe nach der Kunst ferne stehen. 
Wenn aber die Wissenschaft einerseits die große allgemeine Basis 
genannt werden muss, auf welcher die Kunst der Gegenwart steht und 
so lange stehen wird, bis in der hohen Kunst Meister von so genialer 
Kraft auftreten, dass alles schulmäßige Können daneben zur Unbedeutend- 
heit herabsinkt, wenn wir der Wissenschaft das Wesentliche unserer heu- 
tigen Kunst verdanken, so wirkt dieselbe anderseits vielfach zerstörend 
auf Kunst und Kunstindustrie ein. Wenige von den zahlreichen Erfin- 
dungen der Chemie, Technik und Mechanik haben die Kunst gefördert. 
Unsere modernen Farben beleidigen das Auge, die vorgeschrittene Technik 
verwischt die Grenzen der verschiedenen Kunstgewerbe, die neuen Con- 
structionen unserer Ingenieure entziehen sich allen Gesetzen der Schön- 
heit, die Arbeit der Maschine widerstrebt einem entwickelten Gefühl für 
lebensvolle Formen. Fast jeder neue Vortheil in der Technik, wie ihn 
die Wissenschaft bietet, zieht ein neues Opfer in der Kunst nach sich. 
Neuerungssucht und Wechsel der Mode tragen das lhrige bei, um diese 
Zustände noch zu verschlimmern. 
So stellt sich also das Verhältniss der Kunstindustrie zum modernen 
Leben dar. Es gilt eroberte Positionen zu behaupten, gefährdete zu 
schützen, verlorene wieder zu gewinnen. Es gilt einen Kampf aller 
Freunde wahrer Kunst gegen eine einseitige Geistesrichtung unserer Zeit. 
Die Ueberzahl unserer Gegner darf uns nicht abschrecken, bleibt es ja 
doch immer ein Kampf geistiger Macht gegen geistige Ohnmacht. Dass 
aber die rechten Führer an der Spitze stehen, das muss unsere Sorge 
sein. Wir sind nicht darüber im Zweifel, aus welchem Stande sie her- 
vorgehen sollen. Damit sie aber in die Lage kommen, wirksam einzu- 
greifen, müssen nicht allein gewisse Schäden und Unzukömmlichkeiten 
im Architektenstande selbst beseitigt, Rechte und Pflichten genau präci- 
sirt werden, es muss ihnen auch im Staate und in der Gesellschaft jene 
Stellung eingeräumt und gesichert werden, die ihnen vermöge ihres weit- 
gehenden Einflusses im modernen Kunstleben gebührt. 
Und so wird wohl die Mittheilung nicht unerwünscht kommen, dass 
vom Oesterr. Museum aus eine Action im Zuge ist, die dieses Ziel an- 
strebt, und der sich Architekten aus allen Gauen der Monarchie ange- 
schlossen haben. 
Im Anschlusse an diesen Vortrag theilen wir folgende Denkschrift 
mit, in welcher der Director des Oesterr. Museums, Hofrath R. v. Eitel- 
berger und eine Reihe österreichischer Architekten sich über die Stellung 
der letzteren im Staate und in der Gesellschaft aussprechen und ihre dies- 
bezüglichen Wünsche formuliren.
	        
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