und in so manchen anderen kleinen Zügen einer ihrem Ursprunge nach
oft liebenswürdigen Laune.
Das erneuerte Rococo, der Styl der Bourbonen, hatte den Styl des
Kaiserreiches, den Styl der Republik und des ersten Napoleon vom
Throne gestoßen, aber selber schwankte es, arg umstritten, auf seinem
Herrschersitz. Schon in napoleonischer Zeit hatte die romantische Schule,
aus der Literatur in die Kunst hinüberschreitend, auch in dieser ihre
Vertretung gefunden, begünstigt durch den Schwung der Befreiungskriege,
wie heute der große Krieg von 1870 und die neue Schöpfung des
deutschen Reiches die Bestrebungen für die deutsche Renaissance als
nationalen Kunststyl erweckt haben. Damals nach den Befreiungskriegen
gritIen die gleichen Bestrebungen der Romantiker, denen der jung ver-
storbene Wackenroder in den "Phantasien eines kunstliebenden Kloster-
bfUdCfSu die theoretischen Worte lieh, in das Mittelalter zurück. Sie
priesen die Gothik als den deutschen, den Vaterländischen Styl, freilich
damals noch in arg missverstandener oder unverstandener Weise. Man
erbaute wieder gothische Kirchen und Capellen, restaurirte und baute
Burgen, errichtete selbst Ruinen auf Felsenhöhen oder in einsamer Wild-
niss, in tiefen Thälern oder auf künstlichen Inseln in landschaftlichen
Gärten. Man zimmerte auch gothisches Mobiliar mit zackigen Fialen
und angeleimtem oder aufgemaltem Maßwerk, bereitete auch gothische
Pokale, Kannen und Krüge in Silber, Elfenbein und gebranntem Thon,
Arbeiten der zwanziger und dreißiger Jahre dieses Jahrhundertes, die dem
Kunstsammler heute noch zuweilen als Werke des grauesten Mittelalters
zugebracht werden.
Aber Rococo und Romantik, wie denn keines derselben zur unbea
dingten Herrschaft kam", so ließen sie noch Platz für andere Stylarten.
Als in Paris der antikisirende Styl des Empire versank, hob er sich in
Berlin auf's Neue. SchinkeYs Bestrebungen in dieser Richtung drangen
von der Architektur in das Gewerbe ein; man mäanderte in allen seinen
Zweigen. Man baute gewaltige Porzellangefäße in griechischer Amphoren-
und Kraterform, umzog sie mit goldenen Vasenornamenten und schmückte
sie weiter mit Militärparaden, Architektur- und Städtebildern, königlichen
und militärischen Porträts. Zum Unglück ging man noch mit dem
ganzen Farbengeschmacke - und auch hier gaben die antiken Vasen den
Anstoß - in das Trübbraune und Chocoladenfarbige, ein Geschmack,
den Berlin noch heute nicht ganz abgestreift hat.
Dieser Geschmack der SchinkeYschen Antike ging aber nicht weiter,
als eben der Einfluß von Berlin reichte, wie denn überhaupt die einzelnen
Kunstrichtungen noch mehr oder minder sich localisirten. Auch England
war von der mittelalterlichen Romantik ergrilfen. Unter Führung des
Architekten Pugin wurden gothische Kirchen und Schlösser gebaut und
auch wohl die Möbel gothisch gezeichnet, doch dies eben nur für Kirche
und Schloss. In das städtische, in das bürgerliche Haus drang diese