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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe I (1886 / 11)

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Weit bis in das 17. Jahrhundert hinein lassen sich in Europa die 
letzten Ausläufer der Maureske verfolgen. Indem allmälig ihre Einzeln- 
formen bereichert und vermehrt wurden, stellte sich auch das Bedürfniss 
ein, von einer bloßen Vervielfältigung ihrer Grunclmotive abzusehen, und 
einem lediglich gehäuften Schnörkelwerk auszuweichen. Allmälig machte 
sich das Hervortreten entschiedener Anklänge an natürliche Pflanzenformen 
bemerkbar, und so kam es, dass die Schöpfungen der späteren rnauresken 
Ornannentik, obgleich ohne äußere Beeinflussung, sich weiterbildend in 
mancher Hinsicht "ihren viel älteren orientalischen Urbildern näher ge- 
bracht wurden, und so die maureske Kunstweise in der That, wie ich 
schon zu erwähnen die Gelegenheit hatte, eine retrograde Bewegung ein- 
schlug, ohne deshalb an künstlerischer Vollendung einzubüßen. Wer von 
den Ornamenten des 17. Jahrhundertes mit dem nur mehr leise sich 
bemerkbar machenden Spuren der Maureske ein Beispiel besonderer Schön- 
heit vergegenwärtigen will, der findet ein solches an dem kostbar gestickten 
Messornate, angeblich in Salzburg verfertigt, welches im Jahre 1638 von 
Bürgern zu Linz der dortigen Stadtpfarrkirche zum Geschenke gemacht 
_ wurde. 
Trotz der Lebenskraft, welche der Maureske innewohnte und sie fast 
bis zu ihrem letzten Aufflackern in ungeschwächter Schöne erstrahlen 
ließ, ging sie doch unter, als eine neue Ausdrucksweise der Farben- und 
Formensprache die Oberhand gewann: die nun zur Herrschaft gelangende 
Barocke. Von hier ab gab es keine Maureske mehr. 
Der neuen Zeit war es vorbehalten, wieder auf die orientalisirenden 
Zierformen des 16. Jahrhundertes zurückzukommen. 
Von der schrittweisen Weiterbildung derselben, von ihrer einfachsten 
Gestaltung ausgehend, dürfen wir mit Recht manch' Gutes hoffen. In ihr 
ist einer jener Anknüpfungspunkte gefunden, von welchem aus es gelingen 
mag, die ununterbrochene traditionelle Entwickelung undVervollk0mmnung 
der gestaltenden Kunst auf's Neue zu sichern, und jenen Eklekticismus im 
schlimmen Sinne, der nur ein Tappen und ein Irren bedeutet, 
unmöglich zu machen. 
Mögen sich dann die Ausdrucksformen der Kunst auch im Laufe 
künftiger Jahrhunderte ändern wie sie wollen, sie werden nur den Ausdruck 
dessen bilden, was durch die Gesammtsumme der Erfahrungen vom An- 
beginne ihrer Schöpfung her als giltig sich erwiesen hat; der Ausdruck 
dessen, was wir als Schönheitsgesetz zu jeder Zeit ahnen; dessen 
Bedingungen wir nur schrittweise der Erkenntniss näher bringen können; 
dessen erste Gründe stets vollkommener zu erforschen, wohl eine der besten 
Aufgaben unserer Zukunft sein wird.
	        
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