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Spiegel mit Reliquien; wir haben becherähnliche Reliquiare, wie das
wunderschöne Reliquiar der heil. Apollonia in Herzogenburg; wir haben
Medaillons (wie in Olmütz 15. Jahrh.), Agraffen und Mantelschließen, wie
im Domschatze von Prag und Gran. Diese Reliquiare sind zunächst ohne
architektonischen Aufbau gedacht, erhalten aber bald die Zier, ja auch
die Construction architektonischer Gebilde: die Cassette, der Sarg, der
zum großartigen Grabmonumente sich entwickelt, die Pacemtafeln, ja
auch die mit Reliquien angefüllten Hörner und vollends das jüngste der
kirchlichen Geräthe, die Monstranze, sie erhalten die Form von Capellen,
Kirchen, Schlößern mit vielen Thlirmchen (Reliquiar von Gemona und das
verwandte von Venzone), die Form von Portalen, Thürmen. - Aber
auch die eigentliche formgebende Kraft der Reliquiare tritt, wie schon
in einzelnen byzantinischen Exemplaren, im plastisch veranlagten Occi-
dente bedeutsam auf; ganz unzählig sind die Büsten, Capita, in denen
Stücke aus dem Schädel eines Heiligen verwahrt wurden; ein sehr
altes rohes Reliquiar dieser Art befindet sich in Melk, ein herrliches in
Aachen, mit dem Kopfe Carl des Großen, dann zwei im Welfenschatze hier
und in Prag. Es gibt noch Reliquiare in Form von Armen (Welfenschatz),
Fingern und Füßen; unzählig sind die Statuen, wie die des heil. Blasius,
die Statuetten, z. B. der heil. Madonna, in deren Piedestal oder sonst im
Inneren Reliquien aufbewahrt wurden; groß ist die Zahl der kreuza
förmigen Reliquiare, in denen Kreuzpartikel bewahrt sind; uns interessiren
besonders die Altarkreuze, deren manche Crucifixe hohl und voll Reli-
quien waren, die Vortragkreuze, unter welche Kategorie das ursprünglich
als Ripidion (früher) gedachte Reliquiar (Rotula) von Kremsmünster
gehönt, die Pragerkreuze von Carl lV. gespendet, das herrliche Melker-
kreuz, das apostolische Kreuz im Schatze von Grau, welches im i5..lahrh.
schon italienischen Einfluss erkennen lässt. In den alten Heilthumbüchlein
erscheinen auch viele Attribute der Heiligen und Wappenbilder als Reli-
quiare, ein und das andere ist noch da: z. B. die Mitra der Goldschmiede-
innung von Prag. Ganz besonders schön aber sind die Gruppen, welche die
Reliquien tragen, z. B. die von Hans Greif aus Nürnberg 1472 verfertigte,
im Hotel Cluny aufbewahrte Gruppe, welche die heil. Mutter Anna vor-
stellt, auf jedem Knie ein Kind tragend, die zwischen sich ein Reliquiar
halten; als das schönste dieser Gruppendarstellungen, das goldene
Rössel in Altötting, das wohl an Goldwerth und Kunst in deutschen
Landen seines Gleichen sucht. Sein Pendant ist r8o1 der Geldnoth als
Opfer gefallen und eingeschmolzen worden. Natürlich, dass dort, wo die
Armuth der Kirche oder andere Verhältnisse das Anschalfen metallener
Reliquiare nicht erlaubten, solche Büsten, Arme, Statuen in Holz gefertigt
wurden; so dürfte es in Hall (Tirol) gewesen sein, analog in der
Ambraser Sammlung, I6. Jahrh. und in der Wiener Prälatur des Stiftes
Heiligenkreuz (der Kopf eines Königs, Holz, unten noch der Todten-
schädel vorhanden).