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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe I (1886 / 12)

EINLEITUNG 
Wir können annehmen, daß es insgesamt mehr Porzellan mit gefälschten als mit echten 
Marken gibt. Die Kunstgewerbeliteratur geht darauf nur am Rande ein. In Monographien über 
keramische Manufakturen finden wir manchmal ein Kapitel über Fälschungen, in Katalogen 
einen entsprechenden Anhang, doch gibt es derzeit in der keramischen Fachliteratur meines 
Wissens keine einzige Monographie, die sich allein mit einer Porzellanmanufaktur und der 
Fälschung ihrer Produkte bzw. ihrer Marken befaßt. 
Aus den keramischen Adreßbüchern vom Ende des 19. und Beginn des 20. Jahrhunderts 
wissen wir, daß sich viele Unternehmen auf die Herstellung von Porzellan im Stil berühmter 
alter Manufakturen spezialisierten: „Alt-Meißen”, „Alt-Wien”, „Alt-Sevres” (oder, vor 
nehmer ausgedrückt, „Vieux Vienne”, „Vieux Meissen” bzw. „Vieux Saxe”, „Vieux 
Sevres”). In diesen Quellen wird natürlich nicht angegeben, daß viele dieser Firmen neben 
dem Stil auch die Marke der vorbildhaften Manufakturen kopierten bzw. fälschten. 
KUNSTFÄLSCHUNG, KUNSTVERFÄLSCHUNG, KUNSTBETRUG 
Der Begriff der Fälschung (von Kunstgegenständen) stammt nicht aus dem Markenrecht, 
sondern aus dem Strafrecht und wird dort aus dem Begriff der Urkundenfälschung abgeleitet. 
In seinen Ausführungen zu „Kunst und Recht” stellt G. Picker unter dem Titel „Gesetzliche 
Bestimmungen gegen Kunstfälschungen und Kunstpreismanipulation” fest: „Wer zur Täu 
schung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder 
eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht, wird - so bestimmt es § 267 des Strafge 
setzbuches - mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.” Picker bezieht 
sich dabei auf das deutsche Recht, dem das österreichische in diesem Punkt entspricht 
(Picker 1976, S. 1652); er meint weiter: „Der Versuch ist strafbar. Kunstobjekte sind dann Ur 
kunden, wenn sie signiert oder sonstwie durch den Künstler gezeichnet sind. Um nach 
§ 267 StGB strafbar zu sein, muß der Fälscher daher Kunstobjekte herstellen, die ein falsches 
Signum oder eine sonstige falsche Kennzeichnung tragen. Es wird also über den Künstler ge 
täuscht. 
Ein echtes Kunstobjekt wird verfälscht, wenn das signierte Werk eines Künstlers in seiner ge 
danklichen Aussage verändert wird. Hierunter fallen die verändernde Restaurierung, die ver 
ändernde Übermalung oder Verbesserung. Wer also in ein Landschaftsbild ohne Figuren 
Leute hineinmalen läßt und damit das signierte Bild in seiner gedanklichen Aussage ver 
ändert, der fälscht...” 
Da das Gros der Wiener Porzellan-Fälschungen bereits im späten 19. und frühen 20. Jahr 
hundert entstand und die Herstellerfirmen heute kaum mehr zu eruieren sind, wird der Tatbe- 
stand von der „Herstellung einer unechten Urkunde” (in unserem Fall des Porzellans mit ge 
fälschtem Bindenschild) kaum zum Tragen kommen; eher noch jene Bestimmung, daß auch 
derjenige strafbar ist, der „von einem unechten oder echten, verfälschten Kunstobjekt Ge 
brauch macht” (Picker 1976, S. 1652). Wesentlich in diesem Zusammenhang ist auch: „Wer 
falsche Angaben über frühere Auktionen, Ausstellungen, Preise, Originale, Expertisen, Zu- 
4 stand, Auflage, Echtheit, Herkunft, Restaurierung, Übermalung, Ergänzung eines Kunst 
objektes macht oder sonstwie darüber falsche Vorstellungen hervorruft, der täuscht. Wahre 
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