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Internationale Sammler-Zeitung.
Nr. 12
Bibliophilie.
(Die Bibliothek Erich Schmidts.) Aus
Berlin wird uns berichtet: Die Bibliothek Erich Schmidts,
die, soweit die neuere Literaturgeschichte in Frage kommt, als
die umfangreichste Privatbibliothek gelten kann, ist der letzt-
willigen Verfügung des Gelehrten zufolge dem Berliner
Antiquar Martin Breslauer zur Verwertung übergeben
worden. Die Bibliothek, deren Katalog im Manuskript schon fast
vollständig vorliegt, soll; im November dieses Jahres ver
steigert werden, falls sie nicht im ganzen in den Besitz eines
Institutes oder eines Privatsammlers übergeht. Es ist zu
wünschen, daß die amtlichen Stellen in Deutschland einem
Verkauf nach Amerika zuvörkämen. Gerade amerikanischen
Bibliotheken stehen für diese Zwecke bedeutende Mittel zur
Verfügung. So wurden die berühmten germanistischen Biblio
theken der hervorragendsten deutschen Literaturhistoriker nach
Amerika verkauft, so die von Erich Schmidts Meister Wilhelm
Scherer, von Karl W e i n h o 1 d und Michel B e r n a y s.
von Moritz Heyne und Friedrich Z a r n c k e, von Rudolf
Hildebrandt, Richard Heinzei und Reinhold Bech-
s t e i n.
(Ein R a r i s s i m u m.) Auf der Hut h - Auktion bei
S « t h e b y in London kam ein interessantes Büchlein zur Ver
steigerung. Es ist Benjamin Franklins »Dissertation über
Freiheit und Notwendigkeit, Freude und Schmerz«, die er als
Neunzehnjähriger (1724) geschrieben, selbst gesetzt und in
100 Exemplaren gedruckt, zum größten Teile aber später aus
dem Buchhandel gezogen und vernichtet hatte. Soweit bekannt,
sind nur noch zwei Stücke übriggeblieben, und eines von diesen
kam jetzt unter den Hammer. Das Werkchen, das 1850 von dem
Buchhändler Henry Stevens für 2'50 M'k. gekauft worden
war, wurde von dem Sohne des ersten Besitzers für 20.100 Mk.
erworben.
(Eine verloren geglaubte polnische
Bibliographie.) Der Bischof Josef Andreas Zaluski
(1702—1774), dessen 230.000 Bände zählende Bibliothek 1795
auf Befehl der Kaiserin Katharina II. aus Warschau nach
St. Petersburg gebracht wurde, wo sie noch heute den Grund
stock der kaiserl. öffentlichen Bibliothek bildet, hatte eine
polnische Bibliographie in neun Bänden hinterlassen. Diese
»Bibliotheca polona magna universalis« galt bisher als ver
loren; jetzt ist es Stanislaus Tu'rowski gelungen, sieben
Bände des Werkes in der Petersburger öffentlichen Bibliothek
zu finden. Der Fund ist für die polnische Bibliographie von
großer Bedeutung, da die Arbeit Zaluskis, wie Turowski fest
gestellt hat, zahlreiche wertvolle Angaben über Polonica und
polnische Handschriften enthält.
Bilder.
(Ein neuer H o 1 b e i n.) Im Danziger Stadtmuseum, in
einem Schaupult der kunstgewerblichen Abteilung, hat der
Direktor des Münchener Münzkabinetts, Dr. Georg Habich,
ein bisher unbekanntes Werk Hans H o 1 b e i n s gefunden.
Das kleine Werk ist eine Miniatur, in Tempera auf ein rundes
Stück Papier gemalt, in der Art, wie es der Meister auch sonst
häufig genug tat. Auf lapislazuliblauem Grunde erscheint da
die Halbfigur eines bartlosen Mannes in schwarzem Seiden
gewand mit tiefschwarzer Samtmütze. Nur ein feingesticktes
Hemdstück am Halse und am Handgelenk und die Lederhand
schuhe in der ringgeschmückten Hand bringen einen helleren
Ton hinein. Der deutsche Rassekopf zeigt vielleicht slavischen
Einschlag. Das Bildnis ist besonders interessant durch seine
Datierung. Es stammt danach aus Holbeins Todesjahr 1543.
Die kühle Meisterschaft der Spätzeit des Meisters wird ja be
sonders durch den Verzicht auf reichere Farbe, wie es auch hier
geschah, charakterisiert, ferner durch das ausgeglichene Email
der Form. Der Dargestellte, auf den eine z-förmige Hausmarke
auf den Siegelring deutet, ist vielleicht ein Mitglied der mit den
Schwarzwald verwandten . Danziger Familie von Reesen.
Holbein mag ihn im deutschen Kaufhause in London, im Stahl
hof, gemalt haben. Dabei trägt dieser offenbare Deutsche eng
lische Tracht. Vielleicht war es schon damals der Ehrgeiz junger
Hanseaten — dieser ist nach Inschrift 24jährig — sich englisch
zu equipieren, und in diesem Habit hat er sich dann malen lassen.
(Eine interessante R a f f a e 1 - E n t d e c k u n g.)
Aus Paris wird uns geschrieben: Professor Li pp mann
machte der Akademie der Wissenschaften im Namen des
belgischen Chemikers Wanters eine interessante Mitteilung.
Es gibt gewisse Zeichnungen Raffaels, die zur Zeit Jugend
arbeiten in Rötel und darüber palimpsestartig neue Sepia
zeichnungen zeigten. Die Sepiazeichnungen sind mit der Zeit
bis zur Unkenntlichkeit verblaßt lind nur die älteren Rötel
zeichnungen sichtbar geblieben. Wanters ist es nun durch ein
von ihm ersonnenes Verfahren gelungen, Photographien herzu
stellen, auf denen nur die mit freiem Auge nicht mehr zu er
kennenden Sepiazeichnungen erscheinen, während die Rötel
zeichnungen nicht wiedergegeben sind.
Numismatik.
(Die Münzauktion im Wiener »Dorotheum«.)
Die von uns in der vorigen Nummer avisierte Münzauktion im
Wiener »Dorotheum« findet am 25. d. M. (eventuell noch
am 26.) statt. Es gelangt eine Sammlung von Münzen und
Medaillen aus dem Besitze eines Wiener Amateurs zur
Versteigerung, die hauptsächlich österreichische
Prägungen enthält. Besonders wären die Medaillen Maria
Theresias, Franz Josefs 1. und die Serie Salzburger hervorzu
heben. Aber auch die Sammler von Städtemünzen und
Medaillen auf Privatpersonen werden reichliche
Gelegenheit haben, ihre Sammlungen zu ergänzen, da auch
diese beiden Kategorien sehr gut vertreten sind. Ebenso sind
Scüützenmünzen in reicher Serie und durchwegs bester
Erhaltung in der Sammlung vorhanden. Die Besichtigung der
Sammlung kann am 23. und 24. Juni von 10 Uhr vormittags bis
’.'iß Uhr nachmittags im Kaiser Karl-Saal (1. Stock) des Doro-
theums erfolgen, wo tagsdarauf (von %3 Uhr bis %7 Uhr nach
mittags) auch die Auktion vor sich gehen wird.
(Ein Brandenburger Pfennig des Königs
Wenzel.) Der Mangel an Um- und Aufschriften bei den
deutschen Pfennigen des 13. und 14. Jahrhunderts bildet in der
Münzkunde ein schweres Hindernis für die genauere Be
stimmung. Unter den etwa 600 Typen Brandenburger Pfennige,
die aus diesen 200 Jahren erhalten sind, tragen nur etwa 30 den
Namen oder die Namensinitialen ihres Miinzherrn, und zwar nur
der Askanier und Wittelsbacher, während man den Namen
eines der Luxemburger Herren der Mark Brandenburg bisher
auf ihren Münzen nicht nachweisen konnte. Es ist daher ein
wichtiger Gewinn für die Brandenburger Münzkunde, daß, wie
Professor M e n a d i e r in den »Amtlichen Berichten« aus den
Berliner königlichen Kunstsammlungen mitteilt, ein Branden
burger Pfennig mit dem Brustbild und der Umschrift König
Wenzels in den Besitz des Berliner Münzkabinetts gelangt ist.
Die Münze, die auf dem Katharinen-Kirchhof in Brandenburg
gefunden wurde, besitzt als der erste »redende Brandenburger
Pfennig« eines Luxemburgers besondere Bedeutung.
(Goldmünzenfund in Toskana.) Aus Rom
wird uns gemeldet: Ein Bauer von Sinalunga bei Chiusi
(Toskana) fand bei Grabung eines Brunnens in geringer Tiefe
einen Eisentopf mit 320 Goldmünzen aus der Zeit Karls V.
und Klemens VII. Die Münzen sind vortrefflich geprägt.
Man glaubt, daß sie bei der historischen Plünderung Roms
(1527) von Landsknechten des Connetable von Bourbon er
beutet und hier vergraben wurden, um sie bei günstiger Ge
legenheit gefahrlos heben zu können.
(Eine M a h 1 e r - M e d a i 11 e.) Der Wiener Groß
industrielle Alfred Roth'berger, der in seinen Mußestunden
sein schönes Modellierungstalent betätigt, hat die Serie seiner
Künstlermedaillen durch eine auf den Tondichter Gustav
Mahler, den ehemaligen Direktor der Wiener Hofoper, be
reichert, die die von uns wiederholt gewürdigten Vorzüge der
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Kunst Rothbergers aufweist. Wie alle Arbeiten Rotbbergers
zeichnet sich auch diese durch verblüffende Porträttreue aus:
Die scharfgeschnittenen Züge Mahlers, die krause Mähne sind
vortrefflich wiedergegeben. Rechts von dem Profilbild lesen
wir die Worte: »Gustav Mahler«, unten klein den Namen des
Künstlers. Der Revers zeigt eine sinnige Allegorie: Mitten aus
dichtem Gewölk strebt der Lorbeer empor. Eine passende
Symbolisierung der Inschrift: »Meine Zeit wird noch kommen«,
eine Verheißung, die nach Ansicht vieler sich schon erfüllt hat.
Die Medaille, in der Größe von 50 Millimeter im Durchmesser
in Bronze ausgeführt, ist von der Münzen- und Medaillen
handlung D. Kallai in Wien zu beziehen, die den alleinigen
Vertrieb des kleinen Kunstwerkes hat.
Philatelie.
(Neue niederländische Marken.) Die Nieder
lande haben Marken ausgegeben, die mit dem schwarzen
Ueberdruck »Armenwet« versehen sind. Vorläufig liegen
folgende Werte vor:
D. M. 1 Cent rot
1% » ultramarin
2 » h’braun
2% » zinnoberrot
3 » olivgrün
5 » rosa
10 » lilagrau.
(Nationale Briefmarkenausstellung im
Bern.) In Verbindung mit der Schweizerischen Landes
ausstellung veranstaltet der Philatelistenverein Bern in der
Zeit vom 1. bis 10. August 1914 in der Halle fiir temporäre
Ausstellungen in Bern eine nationale Briefmarkenausstellung,
zu der sämtliche Sammler in der Schweiz, wie alle im Aus
lande lebenden Schweizer zugelassen werden.
Vom Kunstmarkt.
(Die Gemäldesammlung des Herzogs von
Sutherland.) Nach einer Londoner Meldung soll der
Herzog von Sutherland beschlossen haben, seine welt
berühmte Gemäldesammlung, die »Stafford House Collection«,
zu versteigern. Sollte sich diese Nachricht bestätigen, so würde
sich hier eines der größten Ereignisse auf dem internationalen
Kunstmarkt vollziehen. Es braucht nur darauf hingewiesen
werden, daß die Sammlung über 300 Gemälde, darunter Werke
von Paolo Veronese, Tintoretto. Tizian und Raffael. Stücke
von Rubens, van Dyck, Pieter de Hooch, Ruysdael, Dürer,
Watteau, Velasquez und Murillo, den »Blue Boy« von Gains-
fccrough. das Porträt der Mrs. Siddons als tragische Muse von
Reynolds, Lawrences »Harriet Elizabeth, Herzogin von Suther
land«, Hogarths »Distrest Poet«, die »Gowerkinder« von Rowney
und Hoppners »Herzogin von Sutherland« umfaßt. Einige erst
klassige Stücke soll der Herzog allerdings in den letzten Jahren
unter der Hand verkauft haben.
(Japanfaribholzschnitte.) Nach einer Pause von
mehr als einem Jahre wird am 24. d. M. bei Hugo Helbing
in München wieder einmal eine Kollektion japanischer
Färb holz schnitte versteigert werden, die an Reich
haltigkeit die vorjährige bei weitem übertrifft. Neben Blättern,
wie man sie in den meisten guten Sammlungen sieht, wird es
diesmal eine Reihe von Seltenheiten geben, auf die hinzu
weisen nicht unterlassen werden darf. Unter den handkolo
rierten, beziehungsweise mit beschränkter Plattenzahl ge
druckten Blättern sind besonders der prachtvolle junge Tsu-
sumispieler von Masanobu und der seltene Kingonobu
erwähnenswert. Harunobu und Koriusai sind mit ihren
zartfigurigen Blättern vertreten. Den schönsten Teil der Samm
lung bilden die wenigen, aber ausgewählten Blätter von
K i y o n a g a und seinem Schüler Shuncho, die fast alle ab-
gebildet sind. Shäraku ist mit einem bisher nirgends publi
zierten Hosoye vertreten, Utamaro mit über vierzig
Blättern, die hier infolge Raummangels nicht näher besprochen
werden können, ebenso sind H o k u s a i und Toyokuni 1
in guter Qualität vorhanden. Die späteren Meister, von denen
man sonst fast nur die abstoßenden, schreiend bunten Blätter
kennt, wird man hier ganz anders, wiederfinden: Yeizan,
Y e i s e n, Kunyoshi u. s. w. sind in ein- und mehrteiligen
Darsteilungen von feinfarbiger und dekorativer Wirkung vor
handen. Ihnen schließen sich die übrigen Meister des 19. Jahr
hunderts in ebenbürtiger Auswahl an. Den Schluß der Ver
steigerung macht eine Reihe von Gemälden aus Japan, zum
Teil aus dem Besitz des bekannten Herrn von Sieb old,
sowie eine Kollektion Bücher der Holzschnittmeister und acht
zehn sehr fein gemalte alte indische Buchminiaturen. Der Kata
log mit 10 Lichtdrucktafeln ist durch Hugo H e 1 b i n g
(München) zu beziehen.
(Die Sammlung M c. Cu 1 loch.) Aus London
wird uns geschrieben: Bei der Versteigerung der Sammlung
Mc. C u 11 o c h bei Christie erzielte M i 11 a i S’ berühmtes Bild
des Sir Isumbras 163.800 Mk., genau sechsmal so viel, wie
im Jahre 1887 für das Werk angelegt wurde. Fiir zwei Ge
mälde von Orchardson, »Junker Baby« und »Der junge
Herzog«, wurden je 92.400 Mk. angelegt. Burne-Jones’
»Liebe unter Ruinen« erzielte 100.800 Mk., für die »Fata
Morgana« von W a 11 s bezahlte ein Liebhaber 35.700 Mk., und
die »Alfresco-Toilette« von Sir Luke Fildes wurde mit
31,500 Mk. zugeschlagen.
(Die Sammlung Marczell von Nemes.) Am
17. und 18. d. M. wird, wie gemeldet, in der Galerie Manzi
in Paris die Sammlung Marczell von Nemes zur Versteige
rung gelangen. Ein reizend ausgestatteter zweibändiger Katalog
verzeichnet die Kostbarkeiten der Sammlung und bildet sie in
schönen, alle malerischen Werte gut zur Geltung bringenden
Heliogravüren ab. R o g e r - M i 1 e s, der bekannte französische
Kunstkritiker, hat das Vorwort geschrieben, das noch einmal
die kulturelle und künstlerische Bedeutung der Sammlung
würdigt. Er hebt ihre innere Einheit, hervor, indem sie nicht
historisch fünf Jahrhunderte Kunst zusammenstellt, sondern zeigt,
wie die Künstler über die Zeiten hin, indem sie das Leben, die
Menschlichkeit, den Traum betrachteten und vermittelst der
Farbe deuteten, stets dieselben Erschütterungen erlebten und
das entsprechende Verfahren äußeren Ausdruckes fanden, ein
Ausdruck, der sich nicht in der Abstraktion der Zeichnung er
schöpft, sondern in der Farbe die Möglichkeit sucht, die
Regungen der Seele zu symbolisieren. Roger-Miles würdigt dann
im einzelnen die Werke, zeigt die zentrale Bedeutung G r e c o s,
und von da aus den Aufbau der Sammlung, die in der Greco-
Kollektion ihren Mittelpunkt hat. Im Vorwort des zweiten
Bandes, der die Franzosen des 19. Jahrhunderts umfaßt,
zeigt er auf Grund der Werke der Sammlung, wie unberechtigt
die Scheidung der französischen Kunst in eine impressionistische
und eine vorimpressionistische ist, wie Meister wie Corot
und Courbet, allein schon sich solchen Scheidungen nicht
fügen. Courbet, der im Mittelpunkt dieses französischen Teiles
der Kollektion steht, wird als Künder der Schönheit gefeiert, die
er in seinen Landschaften, aber auch in der unerbittlichen
Wahrheit seiner Akte verherrlicht, zugleich als Künder der
Seele, der dem Porträt einen neuen Charakter von Intimität
gegeben. Mit Recht wird dann der spiritualistische Zug in der
Impressionist isi chen Kunst betont, wie er in,den Werken
der Sammlung Nemes so überzeugend in die Erscheinung tritt.
W'er die Sammlungen von München und Düsseldorf her in der
Erinnerung hat, wird übrigens eine Reihe von Werken finden,
die ihm hier in diesem Zusammenhänge zum erstenmal be
gegnen. Die Primitiven zumal sind dort nicht alle ausge
stellt gewesen; so begegnen wir hier einer hl. Familie des
Meisters vom Tode Mariae, zwei schöne Porträts des Hans von
Kulmbach, die aus der Sammlung Weber stammen; die Greeo-
Kollektion ist durch einen überaus schönen »Christus unter den
Häschern« und einen interessanten Kopf (wohl eher ein Apostel
als ein Porträt, wie der Katalog annimmt), zur Zwölfzahl abge-