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Literatur - Bericht.
Die k. k. Wiener Porzellanfabrik. Ihre Geschichte und die Sammlung
ihrer Arbeiten im k. k. Oesterr. Museum. Mit 17 Taf. Abbildungen.
Von Jacob v. Falke. Wien, Druck und Verlag von Carl Gerold's
Sohn, 1887. Fol. VI, 90 S.
Mit diesem Werke nimmt eine Reihe von Publicationen ihren Anfang, welche
über einzelne Abtheilungen der Sammlungen des Oesterr. Museums berichten, d. h. das
vollständige Verzeichniss der Gegenstände einer Gruppe nebst Abbildungen vorzüglicher
.oder besonders charakteristischer Originale und einem orientirenden Texte bringen sollen,
Mit dem Wiener Porzellan zu beginnen, war beinahe selbstverständlich. Die Arbeiten der
nk. k. AerarialPorzellanmanufacturu nehmen einen ganz besonderen Platz in der mo-
dernen Keramik und einen hohen Rang in der Schätzung der Sammler und Liebhaber
ein, und die anderthalb Jahrhunderte umfassende Geschichte dieser Fabrik bildet ein -
leider für immer - abgeschlossenes Capitel. Aber diese Geschichte ist auch an und für
sich von hohem Interesse. Hier liegt sie zum ersten Male vollstandig und durchaus nach
authentischen Quellen gearbeitet vor. Denn, wie ausdrücklich bemerkt werden muss,
der Inhalt eines vor zwanzig Jahren über die Geschichte der Fabrik gehaltenen Vortrages
desselben Verfassers ist wohl in diesem Werke wieder verarbeitet worden, hat jedoch
beträchtlichen Zuwachs sowohl nach der geschichtlichen als nach der technologischen
Seite hin erfahren. Der Stoff ist nun in fünf Abschnitte gebracht. I. Die Fabrik als
Privatanstalt 1718-1744; die Zeit der Versuche Du Paquier's und der schweren Cala-
rnitaten, in welche der unternehmende Mann gerieth, weil ihm wohl ein kaiserliches
Privilegium ertheilt worden war, eine nachhaltige Unterstützung jedoch ausblieb. II. Die
Zeit von der Uebernahme der Fabrik auf Staatskosten, 1744, bis zu der 1784 nothig
gewordenen Reorganisation, Herrschaft des Rococostils in Anlehnung an Meißen d1c.,
unbefriedigende geschäftliche Ergebnisse. lIl. Die Zeit der Blüthe unter der Oberleitung
des Baron Sorgenthal bis zu dessen Tode 180;, Ausbildung des specifischcn Wiener
Stils innerhalb der antikisirenden Richtung, Wirken ausgezeichneter Maler und Pla-
stiker, welche in der vierten Periode, bis 1827, nach und nach absterben, ohne gleich
tüchtige Nachfolger zu erhalten. Der fünfte Abschnitt endlich umfasst die Zeit des
Sinkens der Anstalt, welchem 1864 nicht, wie achtzig Jahre früher, durch eine Reform,
sondern durch Auflosung ein Ziel gesetzt wurde. Eine sehatzbare Beigabe bildet der
Auszug aus der Abhandlung des Chemikers Scholz, welcher von 1827 bis 1833 Director
der Fabrik war, rüber Porzellan und Porzellanerden, vorzüglich in den österreichischen
Stuten.- 37 Objecte, in Chemigraphie (eine Tafel in Farben) wiedergegeben, veranschau-
lichen den stilistischen Entwickelungsgang durch die verschiedenen Perioden.
B.
l
Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiser-
hauses. Unter Leitung des Oberstkärnmerers Ferdinand Grafen zu
Tra utrnannsdorf-Weinsberg. V. Bd., VI. B. 1. Hälfte. Wien,
Ad. I-Iolzhausen. Fol.
Diese neuen Fortsetzungen des Jahrbuches vereinigen alle die Vorzüge, welche
der großartigen Publieation von Anfang an zu eigen waren: Vornehmheit und Solidität
der Erscheinung, äußerste Sorgfalt der Redaction, werthvollen und neuen Inhalt mit der
Gediegenheit der Bearbeitung und eine Fülle interessanter Abbildungen, für welche die
Technik der ,Wiedergabe, zumeist Heliogravure oder Radirung, richtig gewählt ist. Wie
charakteristisch geben z. B. die Heliogravuren den Glanz und die Tiefe der Schatten
bei den Bronzebüsten und Reliefs Leoni's wieder! Man zweifelt keinen Augenblick,
welches Material man vor sich hat. Wie plastisch, weich und lebendig zugleich sind die
Abbildungen der neu erworbenen Statuette der Artemis! Ueber diese schone grie-
chische Statuette beginnt Custos Robert Schneider den Reigen der Abhandlungen,
eine gründliche Untersuchung, die am Schlusse noch ein besonderes Interesse bietet,
indem fast überall an der Statuette, mit Ausnahme der geglatteten Fleischtheile, sich
Spuren von Farben finden. Die an diesen Umstand geknüpften Bemerkungen betreffen
die viel ventilirte Frage der Polychromirung antiker Plastik. Der Abhandlung Schneider's
folgt Director Kenner mit der Fortsetzung seiner Arbeit über rornische Medaillen in
dem kaiserlichen Münzcabinete. Director Ilg bespricht in gründlicher Weise eine Büste
des Dichters und Arztes Fracastoro, die er dem Bildhauer Alessandro Vittoria zuschreibt,
und sodann die Werke des bei Karl V. in hohem Ansehen stehenden Bildhauers Leone
Leoni. Dann folgen die Abhandlungen: Frimmel, die Bellerophongruppe des Bertoldu;