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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe II (1887 / 1)

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Anekdoten sich wiederholen und von den verschiedensten Männern hier 
und dort zum Besten gegeben werden. Da wird uns erzählt, er sei in 
ganz jungen Jahren als Küchenjunge in das fürstliche Haus Schwarzen- 
berg aufgenommen worden und habe dort in knabenhafter Weise die 
Wände der Küche mit Kohlenzeichnungen bekritzelt. Das hätte den 
Fürsten Adam auf seine große Begabung aufmerksam gemacht und er 
hätte ihn nun erziehen lassen, nach Italien geschickt etc. Das artige Ge- 
schichtchen ist nun, wie gesagt, schon aus dem Grunde nicht sehr ver- 
trauenswürdig, weil unter Anderem, um nur zwei Beispiele anzuführen, 
dieselbe Anekdote von den italienischen Malern Alessandro Turchi und 
Lanfranco genau ebenso berichtet wird. Wir werden uns wohl um 
etwas Anderes umsehen müssen, um die Sache aufzuklären; aber ich 
kann zur Stunde hier nur mit Annahmen dienen. Ich habe gefunden, 
dass an dem Fuße des unausgebauten Thurmes zu St. Stefan in früherer 
Zeit - es ist heute leider verschwunden - ein Grabmal von einem 
Daniel Gran sich befand. der aber Anfangs des 17. Jahrhunderts gestorben 
ist und demnach wohl der Urgroßvater unseres Künstlers, möglicherweise 
auch der Großvater sein könnte. Man weiß allgemein, dass es in alter 
und auch in neuerer Zeit häufig üblich war und ist, die Namen der Groß- 
väter auf die Enkel zu übertragen. Dieser Daniel Gran, der bei St. Stefan 
bestattet lag, war, wie seine Grabschrift besagte, kaiserlicher Hofzuschrotter 
gewesen. Wenn wir nun den Ahnen als einen Zuschrotter kennen, so 
wäre es nicht ganz unerklärlich, dass man den Nachkommen zu einem 
Küchenjungen gemacht habe, indem die beiden Metiers doch nicht allzu- 
weit auseinander liegen. Indess, ich kann nicht leugnen, dass dieser 
Hypothese von Gran's niederer Herkunft auch ein anderer Umstand 
gegenübersteht, der ihn im Gegentheile mit einer vornehmen Familie in 
Verbindung brächte. Wie heute noch Alles im Unbestimmten liegt, muss 
die eine wie die andere Möglichkeit in Betracht gezogen werden, da jede 
manches für sie sprechende Moment aufzuweisen hat. Es'gab nämlich eine 
vornehme Familie in Wien, von Italienern abstammend, die wahrscheinlich 
schon untefFerdinänd lll. nach Oesterreich eingewandert ist, die Marchese 
de_Gran. die hier ein ziemliches Haus machten und im 17. Jahrhundert die 
Besitzer des Gebäudes waren, an dessen Stelle das jetzige Unterrichts- 
ministerium auf dem Minoritenplatze, früher Starhembergsches Palais, 
errichtet wurde. Sollten nun vielmehr diese Marchese de Gran zu unserem 
Maler in einem Bezuge stehen, so könnte es auch in irgend einem heute 
allerdings noch nicht aufgeklärten Zusammenhange damit sein, dass ver- 
schiedene Schriftsteller unserem Gran das italienische Adelsprädicat nde la 
Torreu gaben. 
Wie es damit steht, ist nun allerdings nicht aufgeklärt; wenn er das- 
selbe überhaupt wirklich besaß, kann er es allerdings auch erst in Folge 
seiner Wirksamkeit erhalten haben, indessen in allen Unterschriften, die 
auf Actenstücken den Namen des Künstlers enthalten, schreibt er sich immer
	        
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