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und im Mittelalter die Orientalen und deren Erzeugnisse schlechthin sarazenisch genannt
wurden. _Demnach gibt es Unterarten sarazenischer Kunst in Syrien mit dem Centrum
Damascus, in Persien, lndien, Centralasien, in Nordwestafrilta, in Spanien und Süd-
italien, in Anatolien, Armenien, der europäischen Türkei wie in Aegypten, jede mit
besonderen Zügen, welche ihr die von den erobernden Arabern vorgefundene Cultur
und eine bestimmte Kunstschule aufgepragt hat. Aegypten wahlte der Verfasser, weil
in Kairo die Moscheen ein ungemein reiches und geschlossenes Bild der sarazenischen
Architektur und Decoration geben, den Grundtypus veranschaulichen, welcher auch unter
den phantasievollsten Schöpfungen zu Delhi und Grenada derselbe bleibt.
Von der Literatur über diesen StofT erwähnt er Pascal Coste's Monuments du
Caire (Paris 1839) als unwissenschaftlich im Text und unzuverlässig in den Abbildungen,
Prisse d'Avennes' l'Art arabe. dessen vorzügliche Abbildungen von einem unzuläng-
lichen Texte begleitet sind, da der Verfasser nicht in der Lage war, die arabischen
Schriftquellen zu Rathe zu ziehen oder die lnschriften zu lesen, les Arts arabe von
Bourgoin, welches für das geometrische Ornament, aber auch nur für dieses von großtem
Werthe sei, die Abhandlung seines Vaters Edward Stanley Poole über den Einfluss der
byzantinischen und der sassanidischen Architektur auf die arabische, endlich verschiedene
Bücher und Aufatze, welche sich mit einzelnen Theilen des Stoffes beschäftigen; Kara-
baöekk eigene Schriften scheinen ihm unbekannt geblieben zu sein, wohl aber macht er
diesen Gelehrten für lrrthumer in Fischbach's Geschichte der Gewebe verant-
wortlich.
Nach einer geschichtlichen Einleitung, welcher Zeittafeln und genealogische Ta-
bellen angehangt sind, folgt in elf Abschnitten die Besprechung der Architektur, selbst-
verständlich am ausführlichsten die Moscheen Amru, lbn Tulun, Hassan etc. mit Total-
und Einzelansichten und Planen, aber auch die bürgerliche Baukunst und die Einrichtung
des Wohnhauses behandelnd, der Steinsculptur und Stuckarbeit, Steinmosaik, Holz-
schnitzerei und Holzrnosailt, der Elfenbeim, Metall-, Glas-, Thonarbeit, Textilkunst,
Miniatur und des Wappenwesens. Für die, meistens vorzüglich ausgeführten, Holzschnitte
zu den Capiteln über Kleinkunst haben neben den kairenischen Sammlungen die Schätze
des British und des Kensington-Museums und einige festlandische Anstalten die Originale
gestellt, und auf diese Art ist in gewissen Zweigen, vornehmlich in Muschrabijen und
eingelegter Holzarbeit, ein ungemein reiches Material zusammengebracht worden, welches
für unser Kunstgewerbe unmittelbarer Werth hat, als die häufig abgebildeten Stein- und
Stuckmosaiken. Das Namen- und Sachregister konnte etwas vollständiger sein. B.
ü-
Leone Leoni, sculpteur de Charles Quint, et Pompeo Leoni, sculpteur
de Philippe ll., par Eugene Plon. Paris, Plon, Nourrit 8t (10., 1887.
4". IV, 43g S. M. 50'-
Die kunstgeschichtliche Forschung hat sich in neuester Zeit erfreulicherweise auch
solchen Epochen zugewendet, welche früher als zur Spatzeit gehörig mit einer sehr
unbegründeten Gleichgiltigkeit vernachlässigt wurden. Zu solchen Aschenbrodeln der
Kunstwissenschaft gehören neben dem gesammten Gebiete des Barock und Rococo
namentlich auch die italienischen Plastiker der Nach-Michelangeleslten Epoche und
wurden, gelegentlich gesagt, auch jene höchst interessanten, in der Regel als nMEHlE-
ristenu geringschatzig abgefertigten niederländischen und deutschen Maler zu rechnen
sein, welche unter ähnlichen Verhältnissen und Einllüssen in der Zeit Kaiser Rudolfs ll.
erscheinen: die Spranger, Heinz, Hans van Achen etc. Was die Plastiker des Zeitalters
anlangt, so haben Desjardims Werk über Giovanni da Bologna, Eugene Plon's Cellini
und die Arbeiten, welche Verfasser dieses im Jahrbuche der kaiserlichen Kunstsamm-
lungen über Adrian de Fries, Giovanni da Bologna und jüngst gleichzeitig mit dem hier'
besprochenen Buche über Leone Leoni veröffentlichte, das brachliegende Gebiet zu
bestellen den Anfang gemacht. Plon's neuestes, mit größter Opulenz und bestem
Geschmack ausgestattetes Werk will, nach der Ueberschrift des Titels: Les maitres
ltaliens au service de la maison d'Autriche, noch eine Reihe Zeitgenossen in den Kreis
der Forschung einbeziehen, womit, wie wir erfreut gewahren, sich eine Bestatigung der
Absichten und des Principes unserer Jahrbücher von fremder Seite ergibt. Unsere Vor-
hersagung, dass es nur des Anstoßes von österreichischer Seite selber bedürfe, um in
der Kunstgeschichte die hohe Bedeutung der habsburgischen Kunstliebe in's rechte Licht
zu stellen, auf dass auch anderwärts eine bessere Erkenntniss aufdammere, hat sich
glänzend bewahrheitet.
Plon hat in monographischer Form, basirt auf das Studium der Werke, auf die
bestehende Literatur und eine hochbedeutsame Urkundenausbeute aus italienischen und
spanischen Archiven, Leben und Thätiglteit der beiden berühmten Mailänder Meister