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Full text: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe IV (1889 / 2)

nistischen Ornamentalstil ist diese Verbindung der fein emporsprießenden 
Menschengestalt mit dem beiderseits sich herausschwingenden Ranken- 
werk. Unten aus dem Ornamentkelch wächst die Figur geschlossen 
empor, statt auf menschliche Füße auf einen blätterumgebenen, kurzen 
Stengel gestellt; und erst weiter hinauf bekommt die Körperform und 
Gewandung eine selbständigere Bedeutung. Die in scharfem Winkel seitlich 
gestellten Oberarme, mit irgend einem ornamentalen Spielzeug, einem Vogel 
über einem Krummstab, einem Blüthenstengel, einer Patera etc. in den 
Händen, sind streng symmetrisch, und über dem Haupt oder der Kopf- 
bedeckung des Modiolus schießt noch nach aufwärts eine zarte pflanz- 
liche Triebkraft. 
Die unterbrochene Attica, abwechselnd mit Schmal- und Breit- 
bildern, geht durch die Seitenflügel der mittleren Säulennische und setzt 
sich überspringend durch den oberen Theil der beiden anderen Säulen- 
nischen fort. Auf diese Bilderfolge kommen wir gleich zurück; zunächst 
müssen wir uns den Aufbau nach oben vervollständigen. Reizvoll ist 
wieder die Bekrönung des mittleren Tabernakels: zwei hinaufgelegte, 
durch Knoten gegliederte Pflanzenstengel senken sich in der Mitte und 
heben sich an den Rändern, dort durch unterstellte Masken gestützt; 
ein aufstrebendes Mittelornarnent stellt wieder das centrale Gleichgewicht 
her. Ueber den beiden Rändern stehen im anmuthigsten Contraposto 
zwei weibliche Gewandl-iguren bis zur Decke hinanreichend. Die beiden 
Seitentabernakel hekrönt ein leichtes, ornamentales Diadem, das sich 
giebelartig emporhebt und an den Ecken kleine Akruterienschnörkel bildet. 
Aber zu höchst breitet sich an der Oberwand eine wahre Festscenerie aus. 
Zwischen den beiden Gewandfiguren, die en face stehen, fand ein großes, 
nun verwischtes Breitbild seine dominirende Stelle; die hohen Schmal- 
felder über den Flügeln enthalten schwebende Frauen von archaisirender 
Zierlichkeit, hoch auf die Zehen gestellt und mit den Fingerspitzen das 
ausgebreitete Obergewand fassend. Ueber den Seitentabernakeln bauen 
sich nun weiter elfectvolle Architekturcoulissen auf, mit symmetrischer 
Beziehung gegen die Mitte hin; es sind Säulenvorhallen in perspectivischer 
Ansicht, davor (die Gesimswand stützend) geflügelte Karyatiden im Profil, 
mit völlig correspondirenden Stellungen. 
Nun denn zu den merkwürdigen Bildern über dem durchlaufenden 
Gesims der farbigen Wand"). Die beiden Breitbilder in der oberen 
Partie der Seitentabernakel enthalten Darstellungen, die sich auf den 
Verkehr von Liebenden oder Vermählten beziehen: es sind Schlafgemach! 
scenen, naiv-deutlich, doch ohne in gemeine Lüsternheit abzuirren. 
Zwischendurch treten - zu den Seiten des mittleren Baldachins - 
') Vergl. zu der Hauptansicht: Man. incd. voI. XII, nv. VI die Reproduclion der 
einzclnen Wandbilder: tav. VIII, I. z.
	        
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