Vortragende gibt ein möglichst gedrängtes Resume aus den diese erste Gesammtausgabe
begleitenden, von verschiedenen Mitarbeitern herrührenden, auf durchwegs neuen gründ-
lichen Forschungen beruhenden Commentaren, als deren Resultat sich Folgendes ergibt:
Kaiser Maximilian l., gleich allen anderen Sprossen seines erlauchten Geschlechtes von
dem Drange nach rastlosem Schalfen erfüllt, daneben durch einen eminent historischen
Sinn ausgezeichnet und den schon im Vaterhause empfangenen, durch seinen wieder-
holten Aufenthalt in den Niederlanden und am prachtliebenden burgundischen Hofe
genahrten künstlerischen Neigungen folgend, trägt nur dem der Renaissance eigenthüm-
liehen Zuge nach naiver Selbstverherrlichung Rechnung, wenn er es unternimmt, zur
Gloriücation seiner selbst und seines Geschlechtes einen Cyklus von illustrirten Pracht-
werken zu schaffen, um so den Zeitgenossen und der Nachwelt seine und seines Hauses
glorreiche Geschichte in Wort und Bild vorzuführen.
Die Texte, welche bei den meisten dieser Werke als Hauptsache gelten und blos
beim Triumphzug und der Ehrenpforte von Vorneherein nur die unumgänglich nothige
Einleitung und Erklärung zu den Holzschnitten bilden sollten, sind zumeist das Werk
gelehrter oder doch nach damaligen Zeitbegrilfen hochgebildeter Männer aus der Um-
gebung des Kaisers, die ihm als Secrerare oder Historiographen dienten. So arbeitet in
den Jahren 1;1z-1517 Dr. Johann Stabius an dem Programm und den erklärenden Versen
zur -Ehrenpforten, betheiligt sich gleichzeitig an Marx Trei1zsauerwein's literarischen
Vorarbeiten zum nTriumphzug- und polemisirt erfolgreich gegen die Forschungsresultate
Dr. Jacob Mennefs, der im Jahre 1505 von Maximilian mit der Aufhellung der Geschichte
seines Geschlechtes und der Aufstellung seiner Ahnenreihe bis auf Hector von Troja
betraut wurde und demselben im Jahre 1518 als Frucht Jahre langer Arbeit ein umfang-
reiches Werk unter dem Titel: nKaiser Maximilian's fürstliche Chronik, genannt Ge-
burtsspiegeln überreichen konnte. Die darin niedergelegten Ergebnisse bilden die Grund-
lage für die schon 151o vollendete l-lolzschnittfolge der aGenealogier Maximilians und
das vier Jahre später in Angriff genommene Buch über nDie Heiligen aus der Sipp-,
Mag- und Schwagerschaft des Kaisers-n Die Autobiographie Maximilians, ursprünglich
als einheitliche Publication geplant und erst später in der Weise getheilt, dass der
vFreidal-i die ritterliche Minnefahrt um Maria von Burgund, der ffheuerdankt die Braut-
fahrt und der i-Weißkunigu das politische Leben des Kaisers schildern sollte, beruht zu-
meist auf uns- bruchstücltweise noch erhaltenen Originalaufzeichnungen und Dictaten
dieses Fürsten, deren Zusammenstellung. Copirung und theilweise Versificirung derselbe
den unter seiner Aufsicht thatigen Mitarbeitern überließ. ln diesem Sinne stammt das
allen späteren Drucken zu Grunde liegende, in Folge mannigfacher Missverständnisse
ziemlich confuse, im Jahre 1514 vollendete Manuscript zum WeiBkunig aus der Feder
des kaiserlichen Geheimschreibers Marx Treitzsauerwein, der kurz vorher nach ihm zur
Verfügung gestellten Vorarbeiten des kaiserlichen Silberkammerers Sigmund von Die-
trichstein und Anderer auch eine Theuerdank-Redaction vollendete, welche unzweifelhaft
dem mit der endgiltigen Abfassung des Gedichtes betrauten Propst Melchior Püntzing von
St. Sebald zu Nürnberg vorlag. Der Theuerdank, zuerst im Jahre 1517 im Drucke er-
schienen, ist zugleich das einzige seiner Werke, dessen Vollendung der Kaiser erlebte.
Die bisher genannten, auf streng historischer und realer Grundlage ruhenden Werke,
von denen die Genealogie und die Heiligen die Geschichte von des Kaisers Geschlecht,
der Freidal, Theuerdank und Weißkunig die Geschichte seiner selbst behandeln, finden
ihre großartige figurale und allegorische Zusammenfassung in der Ehrenpforte und dem
Triumphzug. Den kühnen Entwurf sowie die Zeichnungen zu den hcrvorragendsten und
schwierigsten Partien der Ersteren lieferte Albrecht Dürer selbst, während er sich für
die Anfertigung eines großen Theiles der übrigen Zeichnungen der Mithilfe seines Bru-
ders Hans bediente und 16 derselben von dem Nürnberger Meister Wolf Traut her-
rühren. Auch 24 Blatter des Triumphzuges sind entweder von Dürer selbst gezeichnet
oder doch von ihm wesentlich beeinflusst. Von den übrigen Blättern des Triumphzuges
gehoren 45 zwei unbekannten Künstlern, z Hans Schaufelein, endlich 66 Hans Burgk-
rnair an, welcher schon im Jahre 1510 seine 77 phantasievollen Zeichnungen für die Ge-
nealogie und 13 für den Theuerdank vollendet hatte, die alle einen gleich hohen künst-
lerischen Werth haben wie seine Zeichnungen für den Weißkunig, von denen 109 Blatter
sein Monogramm tragen, weitere 14 aus stilistischen Gründen mit voller Sicherheit ihm
zugeschrieben werden müssen. Auch die wenigen Holzschnitte, die uns vom Freidal erhalten
sind -- nur 5 an der Zahl - weisen in ihrer Composition auf Burgkmair hin. Ihm
an Fruchtbarkeit gleichstehend, wenn auch an künstlerischer Vollendung bei Weitem
nicht an ihn hinanreichend ist der Augsburger Meister Leonhard Beck, welcher in den
Jahren 1514-1518 die Holzschnittfolge der Heiligen vollendete, auch 77 Blätter für den
Theuerdank und 116 für den Weißltunig zeichnete, welche in der Richtigkeit der Zeich-
nung und Sorgfalt der Ausführung sehr ungleichmäßig gerathen sind. Von Hans Schau-
felein rühren zo Blatter des Theuerdank und a. für den Weißkunig her, die sammrlich