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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe IV (1889 / 2)

Backsteine als Mauerkern und verdeckten diesen durch vorgelegte kostbare Vertafelung. 
Nicht der Maler, sondern der Bildhauer hatte nunmehr die Wand mit Bildern zu 
schmücken. - Wie für die ganze Classe der Reliefbilder habe man auch für die Wiener 
Murmorwerke die Provenienz in Alexandrien zu suchen. Die Treue in der Wiedergabe 
der Natur, die wir an ihnen bewundern, gehe zurück auf den Einßuss der Natur- 
wissenschaften, die in jener Stadt einen so gewaltigen Aufschwung nahmen, ihr Dar- 
stellungsstoE berühre sich auf's engste mit der alexandrinischen Poesie und muthe an 
wie eine Idylle des Theokrit. lrn dritten Abschnitte wird die Technik der beiden Reliefs 
untersucht, wobei Schreiber die überraschende Thatsache feststellt, dass ihr malerischer 
Charakter ein Resultat sei, nicht der Nachahmung von Gemälden, sondern der Rivalität 
mit toreutischen Vorbildern. Der Marmor war nämlich nicht der einzige Stoff für die 
Wandbekleidung und für das Reliefhild (Abschnitt IV.); vor Allem war es das Metall, 
das schon in uralter Zeit im Orient für jene Zwecke gebraucht worden war, und nun 
das Material wurde für die höchsten Leistungen der plastischen Wanddecoration, dann 
neben Perlmutter, Edel- und Halbedelsteinen das Glas in verschiedenen Gestalten. Bei 
allen Stoffen aber war ein doppeltes Princip der lncrustation möglich, entweder ein 
tektonisches (oder hellenisches), das die Wand nach den Gesetzen der Architektur 
gliederte und eines oder mehrere Felder durch Reliefs hervorhob, anderseits ein orienta- 
lisirendes, nach welchem die lncrustation den "gewebten Teppich vertritt, der im Osten 
in erster Linie die Aufgabe hatte und noch hat, die Wand zu schmücken. lm ersteren 
Falle kam das Material in Plattenform zur Anwendung. im letzteren dagegen als Mosaik. 
Sehr viel für sich hat die in diesem Zusammenhange ausgesprochene Ansicht, dass das 
ftgurale Mosaik nicht vom Fußboden ausgegangen sei, sondern von der Wand, dass es 
erst in romischer Zeit von dieser Stelle auf jene verwiesen worden sei, seine Geschmack- 
losigkeit, die man etwa mit der moderner Fußteppiche mit Löwenjagden, Kindergruppen 
u. dgl. vergleichen konntet. Der fünfte Abschnitt weist die Ansprüche Athens, Pergamons 
und anderer Städte auf die Einführung des lncrustationsstiles und die Schöpfung des 
Reliefbildes zurück und fixirt sie noch einmal auf Alexandrien. Das ist eben eines der 
interessantesten Resultate des neuen Buches, dass diese Stadt, die der Brennpunkt der 
hellenistischen Welt und Cultur war, nunmehr auch einen Platz in der Geschichte der 
Kunst erhalt; auch hier war sie nicht weniger als auf dem Gebiete der Literatur und 
der Wissenschaft maßgebend für die Folgezeit. Ms. 
i 
Alte kunstvolle Spitzen auf der Ausstellung zu Brüssel 1884., herausgeg. 
von Joseph Claesen. 30 Taf. Fol. Berlin, Chr. Claesen Gt Co. 
Dieses Werk bringt auf 30 Tafeln in Lichtdruck eine Anzahl von Spitzen aus 
belgischem Privatbesitz, die mit geringen Ausnahmen als ganz vorzügliche Exemplare 
bezeichnet werden dürfen. Wie natürlich, überwiegen der Zahl nach die Tlandrischen 
und Brabanter Arbeiten vom 17.-18. Jahrh.; ihnen zunächst kommen die italienischen, 
und endlich einige französische. Die Production des 16. Jahrhs. wird durch einige 
sehr bemerkenswerthe Filetstickereien veranschaulicht. Die klcinlichen Spatmuster des 
18. Jabrhs. sind nur soweit vertreten, als es die Vollständigkeit erforderte. Ein Text 
mochte dem Herausgeber überflüssig erscheinen, die Beischriften auf den Tafeln geben 
nur prlcise und der Mehrzahl nach wohlüberlegte Orts- und Zeitbestimmungen. Man 
darf immerhin in dem Werke eine sehr werthvolle Bereicherung der vorhandenen 
Spitzen-Publicationen erblicken. Rgl. 
e 
Documenta relatifs ä Part de la decoration et au dessin industriel. I. serie: 
Etotfes anciennes, nouveau choix des specimens des XVII", XVllle et 
XIX" siecles, reproduits par la phototypie et precedes d'une notice. 
30 Taf. Paris, A. Calavas, 1888. Fol. M. 60. 
Weitaus die meisten von den 3o Tafeln des Werkes enthalten Reproductionen 
von Brocaten lyonesischer Fabricatton des 18. Jahrhunderts; einiges Weniges gehört dem 
17. Jahrhundert an, das Orientalische - vielfach unserem Jahrhundert entlehnte -hatte 
ebensogttt wegbleiben können. D1e vortreffliche phototypische Ausführung lasst die 
technische Beschaffenheit der Gewebe scharf erkennen; in Bezug auf das sonstige Wissens- 
werthe lasst sich der Text heranziehen, der für jede Tafelnummer eine kurze, meist 
gute Beschreibung des Technischen, Ornamentalen und Coloristischen bietet. Von zweifel- 
hafterer Güte sind die Zeitbestimmangen: eine ganze Anzahl von Geweben wird dem 
Anfange des 17. Jahrhunderts zugeschrieben, während sie frühestens gegen Ende dieses 
Jahrhunderts entstanden sein können. So erscheint gleich der auf Tafel l abgebildete 
Brocat, dessen Blumenguirlanden vor 1700 kaum denkbar sind, als Louis Xlil bezeichnet. 
3.
	        
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