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selbe aufstrebende, in die Hohe dringende Tendenz, die auf beiden Gebieten jetzt äußerlich
übereinstimmend zu Tage tritt, worauf im Zeitalter des Humanismus ein Zurücltgehen
auf die spate Antike und das frühere Mittelalter erfolgt. Nicht minder gleichmäßig lußern
sich die Renaissancen des 17. und 18. Jahrhunderts in Schrift und Kunst. Die moderne
Zeit endlich, die alle verflossenen Stilarten kennt und übt, erweist sich ebenso virtuos
im Gebrauche aller Buchstabenformen von der Capitale bis zur gothischen Majuskel.
- Den Cyklus der Vorlesungen schloss Custosadjunct Dr. Karl Masner mit dem
Thema: nDie Sammlung antiker Vasen im Oesterr. Museums.
Nachdem der Vortragende die Geschichte der Sammlung sltizzirt und den Werth
derselben hervorgehoben hatte, führte er die bedeutendsten Stücke in historischer Ordnung
vor. Zuerst wurde die alteste Periode griechischer Keramik an mehreren Gefaßen des
Dipylonstiles charakterisirt, dann wurden folgende fünf Vasengattungen der archaischen
Zeit besprochen: t. Die korinthische, z. die Gattung der Rothwaare, 3. die kyrenaische,
4. die sogenannte Caeretaner Gattung, für die ionischer Ursprung in Anspruch genommen
wurde, 5. die attische. Bevor der Vortragende zu den Gefäßen des rothügurigen Stiles
überging, entwickelte er die Entstehung der rothiigurigen Technik aus der schwarzfigu-
rigen und legte dar, dass dieselbe sich auf der Schale ausgebildet habe. Die Geschichte
dieser Gefäßgattung wurde verfolgt bis zur Blüthezeit; als eine typische Musterleistung
derselben wurde die Schale des Duris mit der Darstellung des Watfenstreites vorgeführt,
im Anschlusse daran der Skyphos mit der Losung des Hectors. Zum Schlusse wurde
noch ein Gefäß mit Goldschmuck und der bekannte polychrome Lekythos behandelt.
E1116 Gedenktafel für R. v. Eitelberger, gewidmet von einem
Kreise seiner Freunde und unter den Arcaden des Universitätsgebäudes
in die Wand eingelassen, wurde am 30. Mai in das Eigenthum der Uni-
versität übergeben. Sie zeigt das Bild des Gefeierten. modellirt von Pro-
fessor v. Zumbusch und in Bronzeguss ausgeführt von Pönninger. Professor
Wickhotf hielt die Ansprache an den Rector magnificus, in welcher er
daran erinnerte, dass Eitelberger im Verein mit Gustav Heider zuerst
eine wissenschaftliche Beschreibung der Kunstdenkmäler Oesterreichs
unternommen, die Errichtung eines Lehrstuhles für Kunstgeschichte an
der Wiener Universität, der ersten auf deutschem Boden, durchgesetzt,
und durch die Gründung des Oesterr. Museums, die Herausgabe der
Quellenschriften etc. sich unvergängliche Verdienste erworben habe, und
dann Eitelberger als stets anregenden Lehrer charakterisirte. Hofrath
von Lang als Rector gedachte in seinen Dankworten Eitelbergefs als
Collagen. Außer den Verwandten und näheren Freunden des Verblichenen
wohnten Ministerialrath Graf Latour, mehrere Universitätsprofessoren,
Angehörige des Oesterr. Museums und der Akademie der Künste der
einfachen Feier bei.
Literatur - Bericht.
Naborre Campanini: Ars siricea Regii; vicende dell' arte della seta in
Reggio nell' Emilia dal secolo XVl a1 secolo XIX. Reggio nell" Emilia,
stab. tipu-litografico degli artigianelli 1888. 4". 344 S. 7 Taf.
Wir wissen, dass im 15. Jahrh. die Seidenweberei in Oberitalien großen Auf-
schwung nahm, dass im darauf folgenden Jahrhundert fast jede größere Stadt daselbst
eine mehr oder minder namhafte Seidenindustrie betrieb, dass aber im I7. Jahrh. parallel
mit dem siegreichen Vordringen der lyonesischen Concurrenz ein Rückgang der italieni-
schen Fabrieation eingetreten sein muss, der im Laufe des tB. Jahrhs. an den meisten
Orten mit völligem Erlöschen endete. Die naheren Umstande, unter denen sich dieser
Process in Reggio, dem Hauptorte der Emilia, vollzog, lernen wir durch das vorliegende
Buch kennen, und dieselben Ursachen des Aufschwungs und des Verfalls werden wohl
für die oberitalieniacbe Seidenweberei überhaupt zu gelten haben. Ihre Gründung ver-
dankte sie in Reggio ebenso wie in Mailand und anderweitig der Speeulation der herr-
sehenden Dynastie, in unserem Falle unmittelbar der Lucrezia Borgia, die zu dem
Zwecke im I. 150a einen genueaiachen Seidenweber der Commune empfahl. Da wegen