bei Besprechung des karolingischen Zeitalters vorerst die Versuche der Dichtung auf
unserem Gebiete, sich von der Antike zu emancipiren, hervorgehoben, und zwar durch
Analyse des Kalendergedichtes des Monches Wandalbert von Prüm aus dem 9. Jahrh. und
zweier Carmina Salisburgensia. Da aus der Verschmelzung des Martyrologs mit dem römi-
schen Kalender der mittelalterliche hervorgegangen ist, so widmet der Autor dem Watnlal-
bert-Martyrolog der Regina in der vaticanischen Bibliothek eine sehr ausführliche Beschrei-
bung, aus welcher sich ergibt, dass hier in den Bildern neben bewusster Anknüpfung an
die Antike aber auch neue Elemente hinzutreten, welche mit der Antike nichts mehr zu
schaden haben. Auch nach technischer Seite waren die ersten zagenden Schritte für Aus-
bildung einer neuen volksthümlichen Kalenderillustration seit dem Ausgange der Karo-
linger gethan und nach Ablauf des ersten Jahrtausends tritt diese Ausbildung in dem
Kalender von St. Mesmin in der vaticanischen Bibliothek fertig und geschlossen hervor.
Der Verfasser bestimmt die hohe Bedeutung dieser Bilder mit Herübernahme der Pa-
rallelen aus den Salzburger Gedichten und aus den Breviari d'amor des provencalischen
Dichters Matfre Ermengaud de Beziers (um 11.88)", und halt dann Umschau auch außer-
halb Frankreichs nach einschlägigen Denkmälern, an denen sich der Uebergang von der
antiken zur mittelalterlichen Auffassung und Darstellungsweise bekunde. Er bespricht
solche Denkmale, die sich in England, Spanien, Deutschland, Italien und auf byzan-
tinischem Kunstgebiete fanden und schließt mit einem kurzen Excurse über die Stern-
bilderillustration im Mittelalter, nachdem in den zuletzt beschriebenen Kalendern die Auf-
merksamkeit vorwiegend von den Monatsbildern in Anspruch genommen wurde.
Vier Lichtdrucke nach Bildern der beiden vaticanischen Handschriften, welche hier
von Riegl zum ersten Male ihre volle Würdigung fanden, sind der Abhandlung bei-
gegeben, welche, wie es die Natur des Stoffes mit sich bringt, keine leichte Lectüre zu
nennen ist. Aber mit der Bewältigung aller einschlägigen alten und neuen Literatur und
mit ihrer Fülle von Belehrung über eines der schwierigsten und durch die äußere Aus-
schmückung am wenigsten lockenden Gebiete der wissenschaftlichen und künstlerischen
Forschung ist die Arbeit RiegVs ganz geeignet, ihm eine Stellung unter den jüngeren
Chronnlogen zu sichern. Ch.
x
Die Schmiedekunst älterer und neuerer Zeit, herausgegeben von Gustav
Trelenberg und Oscar Halfpaap. Breslau, C. Dülfer. Heft i,
'Fol. M. 5.
Dem vorliegenden Werke wird es an entgegenkommender Theilnahme von Seite
der Fachleute auf dem Gebiete der Schmiedekunst wie von Seite ihrer Liebhaber nicht
fehlen; man kommt heutzutage der Kunstschlosserei mit neu erwachtern Interesse ent-
gegen und sie selbst steht allerorten bereits wieder auf der Hohe der Leistungskraft
früherer Tage, das Technische wird gründlich beherrscht, gute Vorbilder werden mit
gesundem Verstandnisse benutzt. Die Herausgeber wollen in zwangloser Auswahl eine
reiche Fülle schöner Vorbilder bieten und sie versprechen viel bis jetzt ganz Unbekanntes,
so vor Allem aus dem Osten Deutschlands, zu bringen. lm vorliegenden Hefte sind einige
alte und neue Arbeiten aus Breslau abgebildet, eine knappe aber erschöpfende Ertgu.
terung ist ihnen beigegeben; drei der Arbeiten sind aus der Werkstatt des einen Her.
ausgebers, Trelenberg, hervorgegangen. Die Ausstattung lasst nichts zu wünschen übrig,
die Lichtdrucke (von C. Hesse in Breslau) sind schon und klar. E_ [__
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Beschreibung des königl. historischen Museums und der königl. Gewehr-
galerie zu Dresden. Von Dr. jur. Albert Erbstein. Dresden, 1889.
8". Vll, tlg S.
Wenn auch das konigl. Museum zu Dresden gar zahlreiche kostbare und seltene
Gegenstande enthält, welche sich in das Gebiet des Hausraths, des Costüms, des Schmucltes
reihen, so ist dasselbe doch vorzugsweise ein Waifenmuseum, und ein großartiges noch
dazu, das an Zahl der Objecte alle anderen derartigen Sammlungen weit überragt, an
Werth derselben den werthvollsten an die Seite zu setzen ist. Es ist nicht das Ergebniss
privaten Sarnmeleifers, wie etwa das Waffenmuseum zu Zarskoe-Selo, die Armeria zu
Turin, sondern aus einer Anstalt des praktischen Gebrauches, einer hübschen Rüstkammer,
erwachsen, als welche sie den kriegerischen Sinn und die rege Kunstliebe der Wettiner
in nahezu vier Jahrhunderten documentirt. Dieser eigenthumliche Charakter verleiht
dem Museum einen allgemeinen historischen Werth, der über die specielle Waifen-
geschichte weit hinausgeht und ihm seit alter Zeit mit allem Rechte Weltberühmtheit
gesichert hat.
Aber auch diese großartige Sammlung theilt das Missgeschick aller aus dem prak-
tischen Leben herausgewachsenen Waffensammlungen; sie kann aus einem gewissen