Besprechung des Codex und Schilderung der Miniaturen - die Will-
küren, Zunftgebräuche und Ordnungenund man erhält da ein recht deut-
liches Bild von dem Leben und Treiben im westlichen Polen und beson-
ders in Krakau, dieser in vieler Hinsicht höchst interessanten und merk-
würdigen Stadt. So vermittelt die Bauordnung von r367 ein Bild vom
damaligen Aussehen der Stadt, welche nach dem großen Brande von 1306
den bis dahin durchwegs angewendeten Holzbau durch Stein und Ziegel
zu ersetzen bemüht war; sehr eingehende Bestimmungen werden da
erlassen und nicht nur hinsichtlich der Bedingungen der Grunderwerbung,
der Höhe der Stockwerke, der Abgaben, sondern auch in Bezug auf Pflege
der Straßen u. s. w. Dass Handel und Gewerbe in Blüthe standen und
dass viel Aufwand getrieben wurde, beweisen die in alle Lagen des
Lebens eingreifenden Luxusgesetze, so z. B. der Rathsbeschluss von 1336,
der den Völlereien bei Hochzeiten Einhalt zu thun sucht, die Zahl der
Gäste, der Gerichte, der Sänger und Lustigmacher beschränkt; 14.95 wird
eine neue Luxusordnung nöthig. Sehr bemerkenswerth ist, dass die deut-
schen Einwanderer sich von den Eingeborenen nicht abgeschlossen haben,
in den Zünften sind die Angehörigen beiderlqy gecrunge vereinigt. Dass
die Zünfte die Bürgerwehr gebildet, geht daraus hervor, dass die Einkaufs-
und Strafgelder zur Besserung des Harnesch verwendet werden, die
Kürschner (1377) sollen jeden Quatember hiefür einen Groschen erlegen,
die Maler einen Firdung bei Entfremdung der Arbeiter eines anderen, die
Glasmaler sechs Groschen, wenn sie ein Fenster mit nicht eingebrannter:
Farben machen, die Töpfer (x4o6) für schlechte Arbeit ein Pfund Wachs.
Die Sorge für die Tüchtigkeit der Zunftangehörigen in ihrem Handwerke,
für ihre sittliche Haltung und die Wahrung der Standesehre Findet in
eigenen Ordnungen Ausdruck; die Lehrlingsaufnahme soll überall mit
Feierlichkeit vor sich gehen, die Lehrzeit wird in den einzelnen Zünften
verschieden bestimmt, die Wanderzeit festgesetzt, das eigenmächtige Blau-
machen verboten. Nur ein Bürger der Stadt kann ein Gewerbe betreiben,
die Erwerbung des Bürgerrechtes hat der des Meisterrechtes voranzugeben.
Meisterstücke werden fast durchwegs gefordert und jede Zunft hat ihre
Bestimmungen darüber. Auch die Beschau ist eingeführt, falsch ding
wird mit Vernichtung oder Geldbuße gestraft. Das Verbot, den Zunft-
genossen Kunden oder Arbeiter zu entfremden findet sich fast überall.
Auch über die Feiertagsheiligung, die Verwaltung der Zunft, die Ordnung
in den Versammlungen finden sich Bestimmungen; die Bußen bestehen
in Geld (bei den Goldschmieden auch in Wachs, 14.89) für Harnesch,
für die Zeche oder die Stadt. Mit einem Worte, es bietet sich hier ein
sehr reiches culturgeschichtliches Material, für dessen Erschließung man
dem Herausgeber zu großem Danke verpflichtet ist.
3. Illustrirter Katalog der Ornamentsticlzsammlung des k. k. Oesterr.
Museums für Kunst und Industrie. Erwerbungen seit dem Jahre 1871.
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