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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe IV (1889 / 8)

Weniger Eigenthürnliches ist von einigen anderen Techniken - 
dem Durchbruch und der Spitzenklöppelei - zu sagen. Von beiden 
wurde bereits erwähnt, dass sie vorwiegend in Gesellschaft des Platt- 
stichs auftreten, was schon für die Zeit ihrer Einführung in die nationale 
Hausstickerei bezeichnend ist. Im Ornamentalen zeigen die Erzeugnisse 
beider Techniken nichts, was gegenüber den herkömmlichen Durch- 
brechungen in punto tirato und den Altarspitzen des 17.-18. Jahrhun- 
derts als nationale Specialität bezeichnet werden könnte. 
Was endlich die Wirkerei betrifft, so wurde schon oben festgestellt, 
dass die von derselben bevorzugten Ornamente keineswegs zur Zurück- 
führung auf orientalischen Einfluss nöthigen. Was die Technik selbst 
anbelangt, so ist sie allerdings, soweit wir in's Mittelalter zurückzublicken 
vermögen, von Franzosen und Deutschen nur zur Herstellung textiler 
Wandgemälde mit naturalistischen Figuren und Pflanzen verwendet worden. 
Aber seitdem durch die ägyptischen Funde erwiesen ist, dass die Wirkerei 
die vornehmste textile Verzierungstechnik desAlterthums ausmachte, können 
wir uns kaum wundern, dieselbe noch am Ende des Mittelalters in ganz 
Mitteleuropa und selbst in Skandinavien in Gebrauch zu sehen. Während 
aber die Wirkerei im Westen längst aufgehört hatte, eine bürgerliche 
und volksthümliche Kunstlihung zu sein und nur mit Unterstützung 
prachtliebender Höfe ein privilegirtes Ausnahmsdasein fristete, hat sie 
sich innerhalb der Hauscomrnunionen der Südslaven zur Herstellung 
von Bettdecken und ähnlichen textilen Gegenständen des Hausraths bis 
zum heutigen Tage erhalten. Man möchte nun vielleicht geneigt sein, 
hierin den Einfluss des Orients, wo gleichfalls die Wirkerei bis in unsere 
Zeit in lebendiger Uebung geblieben ist, wenigstens insoferne anzuer- 
kennen. als die Nachbarschaft der bis in die neueste Zeit unter tür- 
kischer Herrschaft gestandenen Altserben auch die Sitten und Ge- 
bräuche der österreichischen Serben beeinHusst haben könnte. Dass 
gelegentlich ein vereinzeltes orientalisches Muster Eingang gefunden 
hat, darf für die sogenannte nationale Hausindustrie ebensowenig be- 
stritten werden, als für die abendländische Kunst überhaupt. Die beiden 
Stilgebiete waren eben nicht immer in so schroffer Absonderung von 
einander wie heutzutage. Die Kunst der Araber, wie sie uns in roma- 
nischer Zeit entgegentritt, ist im Wesentlichen aus denselben spätantiken 
Wurzeln hervorgegangen, wie diejenige ihrer christlichen Zeitgenossen. 
Wir sehen deshalb nicht nur im Zeitalter Friedrich ll. des Staufers, 
sondern auch noch während der Herrschaft des gothischen Stils nament- 
lieh auf textilem Gebiete eine stetige intensive Wechselwirkung zwischen 
Orient und Occident, Selbst die Renaissance weiß eine Anzahl orien- 
talischer Flachornamente organisch in sich aufzunehmen; aber während 
von da an im Abendlande der Wechsel der Kunstformen immer rascher 
sich vollzieht, die Stilwandlungen in immer kürzeren Zeiträumen aufein- 
ander folgen, tritt im Orient eine Stagnation ein, so dass uns die
	        
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