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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe IV (1889 / 9)

die Forderungen, welche ausnahmslos an jedes Wappenbild zu stellen 
waren. 
Die Figuren mussten unter allen Umständen l. als solchemöglichst 
deutlich erkennbar sein; 2. ohne besondere Abänderung ihrer Umrisse 
sich für die Ausführung in jedweder Technik in gleicher Weise eignen; 
3. den ästhetischen Forderungen der Symmetrie, beziehungsweise der 
Raumvertheilung möglichst vollkommen entsprechen. In der Umformung 
der Vorbilder zu gedachtem Zwecke bestand das heraldische Stili- 
siren. Zur Erzielung einer deutlichen, sich vom Grunde scharf ab- 
hebenden Silhouette mussten die Verhältnisse und Umrisse eine Verän- 
derung erleiden, welche sehr oft die Wappenl-igur fast zu einem das 
Urbild nur symbolisirend andeutenden Ornamente gestalteten. So war es 
z. B. in ausgesprochener Weise beim heraldischen Adler und beim he- 
raldischen Löwen, den beiden ohne Zweifel am häufigsten verwendeten 
Wappenthieren, der Fall. Sie kamen damit in einen gewissen Einklang 
mit den gleichzeitig in Gebrauch genommenen phantastischen Greifen, 
Drachen, den Meerweibern und Jungfernadlern etc. Bei Bäumen, wie 
Linden, Eichen u. s. w., wurde die zur Deutlichkeit nothwendige Ver- 
meidung aller kleinen und kleinlichen, gehäuften Formen so weit ge- 
trieben, dass das höchst einfache Geäste des Hauptstarumes nur einige 
wenige, dafür aber mächtig entwickelte Blätter zeigte, zum ornamentalen 
Rankenwerke gefügt, gleichwie die in ähnlicher Vereinfachung behan- 
delten Baumwurzeln. So wie bei jeglichem, die bestimmt begrenzte 
Fläche füllendem Ornament die großen Züge der Hauplinien vor allem 
Anderen festgesetzt sein müssen, ehe die ausstaltenden Einzelnheiten, 
Blüthen, Blattwerk u. s. w. hinzugefügt und durchgebildet werden 
können, so bedurfte es auch beim Entwerfen heraldischer ThierbildeT 
vor Allem der Festsetzung einfacher Gerippformen, welchen dann in har- 
monischer Massenvertheilung Leib und Glieder der Thiere angefügt 
werden konnten. Dies gilt hauptsächlich von den typischen Figuren der 
Adler, Löwen, Greifen und Panther. Ein paar Beispiele mögen das Ge- 
sagte erläutern. 
Da die Wappenfiguren, was ihre Hauptanordnung betrißt, in Bezug 
auf die Raumvertheilung von der Schildform abhängig sind, so kann 
nicht vermieden werden, von dieser letzteren ausgehend solche Figuren 
zu besprechen. Auf der langgestreckten, unten sich zuspitzenden Schild- 
form, wie sie im 12. Jahrhundert vorzukommen pflegte, ward bei An- 
bringung einer Löwenfigur so viel von der Hauptmasse, als nur immer 
angehen mochte, in die Mittellinie, die Achse des Schildes gelegt (Fig. 19), 
Kopf, Rumpf und einer der Hinterfüße (der dem Beschauer zugewendete). 
Rechts und links musste nun der Raum klug benützt und mit den 
übrigen Theilen des Thieres, ohne merkliche Zusammendrängung, aber 
auch ohne störende kahle Stellen des Feldes, belegt werden. Die beiden 
Vorderfüße wurden zu dem Ende mehr oder weniger schräg aufwärts
	        
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