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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe IV (1889 / 9)

 
selbst wohl auch mit Stoffen überzogen, oder mit natürlichem Pelzwerk, 
Das Ganze erhielt auf diese Weise ein ungemein decorativ wirkendes; 
wlustigesu Aussehen. Es sind nur wenige Beispiele solcher in guter Stück- 
tecbnik hergestellter Wappenschild: auf uns gekommen; zwei verhält- 
nissmäßig gut erhaltene Exemplare befanden sich oder befinden sich noch 
in der St. Elisabethltirche zu Marburg in Hessen, dort hingebracbt zum 
Schmucke der Gräber zweier Landgrafen von Hessen: Conrad, 1' 1241, 
und Heinrich, 1- 1298, beide zum ersten Male von ihrem Standorte herab- 
genommen, untersucht und genau beschrieben von Director v. Hefner- 
Alteneck in München. 
Insbesondere der letztgenannte dieser Schilde ist ein Beispiel herr- 
licher mittelalterlicher Kunstübung zu nennen. Auf dem Ueberzug von 
vergoldetem Pergament liegt ein zweiter aus Leinwand, in der ange- 
führten Weise mit Leimmasse getränkt und in feuchtem Zustande mo- 
dellirt, weiters in den heraldischen Farben bemalt. Die Krone, das Auge. 
die Zähne und Krallen des hessischen Löwen sind golden; zwischen den 
zahlreichen Locken des Löwen aber und zwischen dem aus Laubwerk 
und geflügelten Ungeheuern gebildeten Zierrath des blauen Feldes be- 
finden sich in großer Anzahl Durchbrechungen, welche den goldenen 
Untergrund hervorleuchten lassen. 
Der Schild bildete allein bis ungefähr 1200 ein vollständiges 
Wappen; von da ab erst kam, allmälig fester sich behauptend, auch der 
beim Turnier verwendete Helm hinzu. Schon die alte Form des 
oben abgeplatteten Topfhelmes findet sich zu hcraldischer Ausstattung 
geeignet. Man beginnt die sonst nur am Schilde angebrachten Abzeichen 
auch nach Thunlichkcit am Helme zu wiederholen, oder es wird dem 
Abzeichen des Schildes ein weiteres, am Helm- angebrachtes. ergänzend 
beigegeben. Die Topfhelme wurden zu diesem Zwecke bemalt. 
Die Ableitung der verschiedenen Formen der Turnierhelrne von 
dem alten Topfhelm ist ziemlich einfach. Der Helm erschien zunächst 
so vergrößert, dass er, entsprechend befestigt, auf den Schultern aufsalß 
und in seinem lnnern dem Kopfe freie Bewegung gestattete. Die Ocu- 
larien, die zum Auslugen bestimmten Oeifnungen, ursprünglich im 
13. Jahrhundert möglichst enge, wurden auf zweierlei sinnreiche Art 
bequemer eingerichtet, ohne dass durch die angebrachte Verbesserung 
die Sicherheit vermindert worden wäre. 
Es wurde entweder das Ocularium als ununterbrochene Spalte an- 
gebracht und in der Weise eingerichtet, dass der untere Rand desselben 
nach vorne gezogen in eine Spitze auslief. Dreierlei wurde damit erfolg- 
reich bezweckt: Bequemer Auslug bei leichter Vorwärtsneigung, voll- 
ständige Deckung bei entgegengesetzter Bewegung, endlich die größte 
Gewähr für das Abgleiten der Lanze. ln verschiedenen Modificationen 
hat sich der also geformte Stechhelm bis in das 16. Jahrhundert erhalten 
(Fig. 24).
	        
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