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Volltext: Holz-Industrie, Wiener Weltausstellung Heft 18

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I. Die Erzeugnisse der Möbeltischlerei etc. 
Karyatiden dienten. Will man auch nicht die strenge Forderung stel 
len, ein derartiges Yerhältniss müsse in soweit der Natur entsprechen, 
als die Weiber die Putten sollten gebären können, so wird der Bildner 
das Verhältniss doch nimmer so weit verzerren dürfen, dass beinahe der 
gegentheilige Satz dasselbe kennzeichnet. Möbel von ebonisirtem Holze, 
solche mit Elfenbeineinlagen, andere mit Malereien in den Füllungen, 
hübsch modellirte Schloss- und Angelbeschläge, darunter einer, welcher 
durch eine decorativ sehr hübsch gelöste Vorrichtung das vollständige 
Oeffnen der Thüren ermöglicht, mögen noch als Belege der Findigkeit 
Schönthaler’s, die ihn vor vielen Wiener Collegen auszeichnet, gel 
ten. Von den im Jahre 1872 im österreichischen Museum ausgestellt 
gewesenen Möbeln, bei welchen Schönthaler sich das Programm ge 
steckt hatte, stilvolle Möbel für die bürgerliche Wohnung zu keinem 
höheren Preise als 1000 fl. für die Einrichtung eines ganzen Zimmers 
zu bieten, war auf der Weltausstellung leider nicht ein einziges Stück 
zu sehen. 
Von den anderen, selbstständig auftretenden Wiener Bildhauern 
zeigte Franz Oppelt handwerklich tüchtige, doch etwas trockene Co- 
pien oder doch nur leicht veränderte Nachbildungen schöner Pilaster 
füllungen der Renaissance und des Louis XVI., auch einen Uhrhalter 
im Rollwerkstil der deutschen Renaissance; Alois Heinz eine schwarze 
Cassette; Anton Kangel eine Münzencassette aus Ebenholz — Alles 
Arbeiten, die nur zu sehr den Abstand erkennen Hessen, um det die 
Wiener Holzbildhauer noch hinter den Florentinern und Sienesern zu 
rückgeblieben sind. 
Friedrich Otto Schmidt hatte versupht, ein Wohnzimmer im 
Stil der Renaissance prächtig auszustatten. Das volle Oberlicht der 
grossen Gallerie beeinträchtigte dessen Wirkung um so mehr, als die 
Herstellung der abschliessenden Balkendecke und Seitenwände nicht 
ausführbar gewesen. Ein origineller decorativer Effect war der bis zur 
halben Höhe getäfelten Wand mit den gemalten Arabesken auf grü 
nem Seidengrund, dem stattlichen Marmorkamin mit schwerer, von ge 
wundenen Säulen getragener Holzbedachung über einem Landschafts 
gemälde, den Sesseln, welche zugleich an den mittelalterlichen Faltstuhl 
und an eine Polsterungsweise des 17. Jahrhunderts erinnerten, keines 
wegs abzusprechen, aber das Alles büsste gar zu viel ein, wenn man 
näher trat und der flüchtigen Arbeit, der oberflächlichen, selbst rohen 
Behandlung des Details inne ward. Im ungewissen Lichte der Bühnen 
lampen wird man dergleichen Dingen gern begegnen, unsere Wohn- 
räume aber heischen Anderes als das Theater. 
Eine sehr bemerkenswerthe Leistung war das von H'einrich 
Irmler im Tapezierhof ausgestellte, nach dem Entwürfe 0. Graff’s 
in Eichenholz ausgeführte Mobiliar eines Jagdzimmers. Die ornamen 
talen Motive sind der deutschen Spätrenaissance entlehnt. Das bedeu-
	        
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