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Von dem ersten Viertel des t6. Jahrhunderts an schwand mit dem
Gebrauche von Schild und Helm auch die Vertrautheit mit dem Wappen
selbst und nur allein die Bilder dieser Ehrenzeichen pHanzten sich
noch, von der Erinnerung an die realen Urformen unterstützt, eine
Zeitlang fort. Es ist ungewiss, ob Götz von Berlichingems Gefährte, "der
Krone Böhmens Feinde, seinen Wappenschild zu Heidelberg vbeim Hir-
schenu noch in natura aushing; Götz spricht sich darüber nicht bestimmt
genug aus, doch wäre es immerhin möglich, dass solche Form von Ver-
lautbarung der Anwesenheit in diesem Falle noch geübt wurde.
Vorn 16. Jahrhundert ab, als die lebendige Pflege des Wappen-
wesens zugleich mit den Turnieren erlosch, stellte sich die Periode ein,
in welcher wenigstens noch in frischer Erinnerung der Lebenden das
Aussehen und der Zweck der Wappen fortbestanden. Mit besonderer
Consequenz erhielt sich der Gebrauch, seit uralter Zeit schon geübt,
Wappendarstellungen zur Ausstattung textiler Erzeugnisse zu verwenden.
Von richtigen Wappentapeten sind manche gute Beispiele bis auf unsere
Zeit gekommen, darunter eines von unübertrefflicher Vollkommenheit,
welches wir zwar nicht als fertiges Object besitzen, von dessen Aus-
sehen wir uns jedoch nach den noch vorhandenen, zu seiner Herstellung
bestimmten technischen Behelfen eine vollkommen klare Vorstellung machen
können. Es existiren nämlich im Besitze des Allerh. Kaiserhauses eine
Anzahl von Original-Holzstöcken aus dem 16. Jahrhundert, zum Drucke
von Wappen bestimmt, von einer Vollendung der Zeichnung, wie sie
geradezu einzig in ihrer Art zu nennen ist.
Diese Wappendarstellungen lassen sich zum Rauteumuster ver-
einigen und bilden so ein endloses Tapetenornament, welches zwischen
dem sich regelmäßig wiederholenden Hauptmotiv, dem österreichischen
Bindenschilde, eingefügt die einzelnen Länderwappen des österreichischen
Kaiserhauses zeigt.
Auch in allen anderen Zweigen der Kunstübung wurde, so lange
die Tradition sich lebendig erhalten konnte, das Wappen als vorzüglicher
und bedeutungsvoller Schmuck verwendet. Die Meisterwerke der Glas-
malerei, der Goldschmiedekunst und Emaillage, der Plastik in verschie-
denem Materiale u. s. w. geben allerorten Zeugniss davon.
In die Zeit der Hoch- und Spätrenaissance, die Zeit der Zierheraldik,
wie wir sie mit Bezug auf unseren Gegenstand wohl nennen möchten,
fällt auch die Einführung der Wappenmäntel und Wappendecken, der
Schildhälter in Gestalt von wilden Männern u. s. w., erst als ganz will-
kürliche Zuthaten angebracht, bald aber als eigene Attribute iixirt.
Wohl als die zuerst aufgetretenen Abarten der turniermäßig zu-
sammengestellten Wappen können die Schilde der Kirchenfürsten gelten
mit den unterscheidenden Zeichen der Würde, den mit Quasten in he-
stimmter Anzahl behangenen rothen Cardinals- und grünen Bischofs-
hüten, den Mitren, Krummstäben u. s. w., welchen später - wohl zuerst