sehen wir die Donau als schöne Frau, wenn man will das Donauweib-
chen, umgeben von den Stromattributen, in einer Landschaft gelagert,
die mit der Aussicht auf Wien abschließt, darüber an einem Baumaste
schweben die Wappenschilde des Reiches und des Erzherzogthums; den
Rand zieren acht Runde mit Frauenköpfen, durch ihre Trachten die
Länder charakterisirend, welche zum Stromgebiete gehören: Baden, Würt-
temberg, Bayern, Oesterreich, Ungarn, Serbien, Rumänien, Bulgarien.
Alles dies ist in Muschel- und Steinschnitt ausgeführt, und das Material
theils in natürlicher, theils in künstlicher Färbung genügt allen Anfor-
derungen der Composition mit ihren mannigfaltigen Motiven; Baurnschlag,
Wasser, Architektur kommen ebenso angemessen zur Geltung, wie das
lncarnat, der Schmuck und die bunten Costüme; Es ist so der Cameen-
schnitt, der fast allein noch in der Gegenwart sich einer gewissen Pflege
erfreut, mit der ornamentalen Verwendung von Muscheln und Halbedel-
steinen, wie sie dereinst für Ziermöbel beliebt war, in Verbindung ge-
bracht, was als ein besonders glücklicher Griff bezeichnet werden darf.
Hoffentlich bleibt es von nun an nicht unbeachtet, dass Wien einen so
tüchtigen Künstler für derartige Arbeiten in der Person des Herrn Dörf-
linger besitzt.
An einem Kelche, der nach dem Entwurfe des Professors l-Ierdtle
von Brix 8c Anders in vergoldetem Silber ausgeführt wurde, tritt nun
zu Metall und Edelsteinen noch das Email. Das Gefäß ist in gothischen
Formen gehalten, doch hat der Künstler sich durch diesen Stil nicht
engere Fesseln anlegen lassen, als es viele Goldschmiede des Renaissance-
Zeitalters gethan haben. Von dem mit emaillirtem Blattwerke besetzten
Knaufe zieht sich ein Filigrannetz, in welches kleine Edelsteine "gefasst
sind, an der Schale empor, der im Sechspass gebildete Fuß ist mit den
Bildern der Geburt, der Kreuzigung und der Auferstehung des Heilands,
Emailmalerei nach Entwürfen von Professor Karger, und dazwischen
Ornamenten in Gruhenschmelz geschmückt, das Email von Zasche.
Endlich begegnen wir der Emailmalerei als selbständigem Kunst-
zweige, und zwar mit einer ganz neuen Specialität an der Schreibtisch-
einrichtung von Prof. Hans Macht, welchem Wien unter Anderem die
Wiederbelebung des Limusiner Emails verdankt. Das Kupfer, aus welchem
die einzelnen Geräthe geformt sind, ist nämlich nur zum Theil mit
(dunkelolivengrüner) Schmelzfarbe bedeckt, zum andern Theile mit
farblosem Glaslluss überzogen, welcher das Roth des Metalls zu einem
sehr feinen grauröthlichen Ton dämpft. Auf diesen Grund sind Wappen
und Verzierungen in durchsichtigen Farben und Gold gesetzt, deren
Metall- und Edelsteinglanz sich mit den Grundfarben zu sehr vornehmer
Wirkung verbinden.
Es darf ausgesprochen werden, dass diejenige von den gewerblichen
Künsten, welcher nicht wegen der Kostbarkeit der verarbeiteten Stoffe,
sondern wegen ihrer unmittelbaren Beziehungen zu Plastik und Malerei
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