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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe IV (1889 / 11)

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Jahre der Zwischenraum, jetzt verfloss die doppelte Zeit, bevor sich Muth 
und Lust wieder einfanden. Endlich kamen sie doch, trotz aller Versiche- 
rungen - und Grund genug gab es dazu - dass die Aera der Welt- 
ausstellungen geschlossen sei. 
Wiederum war es Frankreich, welches, nicht entmuthigt durch 
den zweifelhaften Erfolg des Jahres 1878, auf's Neue den Gedanken 
ergriff. Es nahte die Säcularfeier der Revolution von 1789, und die 
dritte Republik wollte dieses Jahr, dem sie ihre Existenz verdankte, in 
großartiger Weise feiern, und das Mittel dieser Feier sollte eine Welt- 
ausstellung sein, gewaltiger als je eine dagewesen. Alle Welt außerhalb 
Frankreichs zweifelte an dem Gelingen und zweifelte fort und fort, 
während die Franzosen unverdrossen an das Werk gingen. Wie? konnten 
denn auch Zeit und Umstände ungünstiger, der Zweck der Ausstellung 
selber bei allen Regierungen Europa's unpopulärer, ja widerwärtiger sein? 
Eine Revolution sollten sie mitfeiern, welche das monarchische Princip 
bekämpfte und vorn Erdboden wollte verschwinden lassen, eine Revolu- 
tion, welcher Königthum und König zum Opfer gefallen waren, anderer 
schmerzlicher Opfer nicht zu gedenken? 
An solcher Feier sollten die monarchischen Regierungen Europe's 
theilnehmen? Nimmermehr! Sie mussten von Vornherein ihre Mitwirkung 
versagen, und sie haben sie versagt. Und wenn auch auf die private 
Thätigkeit gerechnet wurde, auf jenes Geschäft, welches kein Vaterland 
kennt und sich überall einstellt, wo es zu verdienen gibt, so konnte doch 
diese Thätigkeit in keiner Weise Leitung und Mitwirkung 'der Regierung 
ersetzen oder eine genügende Vertretung der Industrie zu Stande bringen. 
Aber der Schwierigkeiten bestanden noch ganz andere. Die Welt 
starrte in Waffen, die Spannung unter den großen Mächten war auf's 
höchste gestiegen und jeden Moment drohte der Ausbruch eines Welt- 
krieges, bei welchem Frankreich eine erste Rolle zugedacht war. ln 
Frankreich selber der unversöhnliche Hader der Parteien, keine Festigkeit 
der Regierung, keine Festigkeit der Dinge nur von einem Tag auf den 
andern; die Ministerien wechseln nach einer Lebensdauer von Wochen; 
die Republikaner ohne Vertrauen des Landes; die Republik bedroht, 
nicht blos von starken monarchischen Parteien, sondern von einem ehr- 
geizigen, intriganten General, den im Grunde Niemand mag oder fiir 
bedeutend hält, der aber wie von der Vorsehung gesendet erscheint, all' 
den Unruhen und Sorgen ein Ende zu machen und dem Lande wieder 
feste Zustände, nach denen alle Welt verlangt, zurückzubringen. 
Unter diesen Umständen, mit der denkbar unsichersten Zukunft, 
mit der Aussicht auf einen Weltkrieg oder einen Bürgerkrieg, mit der 
Unlust, mit der Versagung fast aller Regierungen Europa's, - wahrlich, 
es gehörte Muth, Entschlossenheit, Energie dazu, allem zum Trotz ein 
so großartiges Unternehmen in Scene zu setzen und durchzuführen. Und 
der Erfolg hat den Unternehmern Recht gegeben. Es ist kein Weltkrieg
	        
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