D25)
Massige, Schwere der Barockformen und Barockornamente gefiel dem
ceremoniösen, prachtliebenden Ludwig XIV., es war aber nicht dem fran-
zösischen Geiste entsprechend, wie er uns aus den Schöpfungen früherer
wie späterer Zeiten entgegentritt.
Die heutige französische Kunstindustrie. der heutige französische
Geschmack liebt daher durchaus nicht den Barockstil, den eigentlichen
Barockstil der Epoche Ludwigs XIV. Seine Vorliebe bewegt sich in den
zarteren, feineren und auch geistvolleren Kunstformen der Zeit von 1750
bis zur französischen Revolution. Kunstformen, welche eigentlich den
Namen ihrer ersten Gönnerin, der Marquise von Pompadour, tragen
sollten, denn sie war es, welche sie im Gegensatz zum Rococo einführte.
Es geht der französische Geschmack aber neuerdings über diese engen
Grenzen hinaus, und schon sieht man wieder Empiregeräth und Empire-
möbel, mehr aber noch Arbeiten in einem entschiedenen Rococo, welche
Stilart im Moment im Vordringen erscheint. Sehr selten dagegen und
fast nur in der Ornamentik der seidenen Decorationsstolfe, sieht man
reine Barockmotive.
Es ist aber auch die Reform der modernen Kunstindustrie, welche
ja in den anderen Ländern eine den Franzosen entgegengesetzte Richtung
eingeschlagen hat, an der französischen Kunstarbeit nicht spurlos vor-
übergegangen. Nicht blos, dass dieselbe sich von manchen Unarten ge-
reinigt hat und durchweg maßvoller geworden ist, man sieht auch viele
Möbel und ganze Einrichtungen im Stil der Renaissance und orientalische
Flächenmuster und Farbenstimmungen in der ganzen Teppichwirkerei
fast vorherrschend. Auch sonst lässt jeder Kunstzweig wenigstens in ein-
zelnen hervorragenden Arbeiten den Einfluss jener Reformbestrebungen
erkennen.
Dies Alles, mit Ausnahme der letzten Bemerkung, gilt nun weniger
von den eigentlichen Schmuckgegenständen, den Juwelierarbeiten, als von
denen in Silber und Bronze. Der Edelsteinschmuck hat stets den Formen
des herrschenden Kunstgeschmacks gegenüber eine ziemlich freie Stellung
eingenommen. Es liegt das in der Natur der Edelsteine, die ia selber
bestimmten Formen unterworfen werden müssen, um ihre künstlerischen
Eigenschaften hervorzulocken und zur höchsten Wirkung zu bringen.
Seitdem der BrillantschliE erfunden worden, hat sich auch die Juwelier-
kunst immer mehr von der Goldschmiedekunst getrennt und ist ihre
eigenen Wege gegangen; diese aber waren bisher in der französischen
Kunst keine sehr glücklichen. Es hatte sich mit der Goldschmiedekunst
die Kunst überhaupt von den Juwelen, zumal den Diamanten, getrennt.
Man verfuhr mit einem Material, das in Form und Eigenschaft jedem
Naturalismus widerspricht, dennoch ganz naturalistisch. Man bildete Blumen
und Blätter und Thiere nach, man häufte die Steine z. B. in voll er-
blühten, gefüllten Rosen, so dass nicht blos die Gestalt plump und schwer
war, sondern auch die Wirkung verloren ging.