andererseits gibt es auch frühzeitig eine centrifugale Reisetendenz, die über die Grenzen
der Heimat - der Vortrag retlectirt zunächst auf ltalien - in die weite Ferne hinaus-
schweift. Daheim erlittenes Missgeschick ein abenteuernder Erwerbatrieb oft auch aus-
drückliche Berufung treten da als Beweggrund ein. i
So finden wir in frü-her Zeit Gherardo Starnina, dann Dello in Spanien; Maso-
lino, den Vorgänger Masaccids, bei dem ausgewanderten Emporkömmling italienischer
Herkunft, Filippo Spano, dem Obergespan zu Temesvar; ebenso später für kurze Zeit
Benedetto Maiano am Hofe des Königs Mathias Corvinus zu Ofen. im Cinquecento prä-
sentirt sich uns als Charakterligur des artistischen Abenteurers der ßorentinische Bild-
hauer Turrigiano, von dessen wagender Dreistigkeit und bitterem Ende in Spanien Ben-
venuto Cellini und Vaaari zu berichten wissen. Ralfaefs einzige Künstlerexistenz hat nur
drei Stationen: Perugia, Florenz, Rom; die Wirksamkeit des gewaltigen Michelangelo
bewegt sich in großen Schwingungen zwischen Florenz, Bologna und Rom. Es geziemte
sich nicht für die Allerersten der Kunst, den Glanz ihres Genius der Heimat zu ent-
ziehen; ftlr die Propaganda der Kunst nach außen hin genügten vollauf die habilen Ta-
lente, die sich zugleich auf die Suada und das Geschäft, wie auf rasche, blendende
EGecte verstanden. Ungern erblickt man den großen Leonardo da Vinci unter den wander-
lustigen Künstlern; vor seinem berühmten Uebertritt nach Mailand lässt er sich im Dienste
des Sultans von Aegypten in Syrien, Kleinasien und Armenien als Ingenieur verwenden,
und noch in späteren Jahren folgt er dem Lockruf nach Frankreich, um dort ohne sicht-
liche Wirksamkeit, der Heimat entfremdet zu sterben. Die richtigen Leute für die"Kunst-
erfol e auf Reisen waren die Künstler voin Schlage Benvenuto Cellini's, und an: an-
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hafter Repräsentation gefügigen Fresco-Lieferanten und erfindsamen lnscenirungstalente
der großen Decoration wie Rosso. Primaticcio Niccolb d'Abbate. Der Vortragende
musste bei beschränkten,- Zeit auf eine nähere Charakteristik der Wirksamkeit der ita-
lienischen Künstler in Frankreich unter König Franz I. verzichten; auch das Herein-
wirken italienischer Ktlnsteinßüsse durch unselrle Alpenländer, durch Nieder- und Ober-
bsterreich bis nach Böhmen hinab sowie der inweis auf gewisse andauernde Künstler-
Niederlasaungen aus dem Süden konnte nur in Umrissen angedeutet werden. - ln eine
frühere Zeit zurückgreifend, heb der Vortrag hervor, dass bei den venezianischen Malern
von den Bellini's bis auf Paolo Veronese hinab der Reisetrieb nur ausnahmsweise durch
äußere Veranlassung hervorgerufen war, so bei Gentile Bellini, als er 1480 an den Hof
des Sultans Mehemet nach Constantinopel reiste, so späterhin in ähnlicher Weise bei
Tizian, als er 1548 auf Befehl des Kaisers Karl V. nach der Schlacht bei Mühlberg zum
Reichstage nach Augsburg reisen musste, um zur Verherrlichung ienes Sieges die dabei
betheili en Fürstlichkeiten - und den besiegten Kurfürsten dazu - im Porträt zu ver-
ewigemgtDas Herbeirufen großer Portratmaler aus weiter Ferne - die bis zum heutigen
Tage Reiäekünstler gebliebehn sind nimtgt auä jener Zeit siseinenhAräifang. h d
Ne en anderen Bezie urigen, ie in em ortrage zur prac e amen, mac te er-
selbe schließlich wieder auf den principiellen Gegensatz zwischen der Tendenz der
Künstlerreisen von ehedem und jetzt lilläfllßlkkäüm. grühl-elr wollten Sie fahrenden Künstler
von der Kunst der Fremde etwas für ie unst er eimat mit ringen, wenn sie '
tieferer Lerntrieb (wie z. B. bei Antonullo da Messina) in die Ferne trieb; oder sie
suchten des in der Heimat wohl erworbene Können in der Fremde zu Ehren zu bringen
und in Gewinn umzusetzen. Aber das Naturelement in der Kunst, die Art, die
Erscheinungen zu sehen und darzustellen, war bei ihnen völlig festgestellt, ehe sie auf
Reisen gingen; sie machten im wahren Sinne Kunstreisen, wie sie später bei bedeu-
tenden musikalischen Virtuosen Brauchh wurdenzufleuttlziätageh rläist die igttltlalh den Säijets,
der Natur den neuen Anre ungen nac ' sie wi sic urc eisen au risc en un re-
generirenxaie strebt der FCEHB zu, um ion einenentlegeneren _Natur zu lernen, weil sie
zu der Wirkung der erschöpften, heimatlichen Eindrücke in vielen Fällen kein rechtes
Vertrauen mehr hat.
Literatur - Bericht.
Der Porträtmaler Johann Kupexzky, sein Leben und seine Werke. Von
Alexander Nyäri. Mit zwei Porträts. Wien, Pest, Leipzig, A. Hart-
Ieben, 1890. 8". 124 S. fl. F65.
Bei der geringen Aufmunterung, welche bei uns alle Forschungen auf dem heimat-
lichen Kunslgebiete finden, ist es ein Wunder, dass noch Leute den Muth hnben, über
österreichische Kunst und Künstler zur Feder zu greifen. Wenn trulzden-i in jüngster Zeit