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und blieb sich als solche mit geringfügigen Veränderungen gleich, so lange es eine
antike Kunst gibt. Mir den scythischen war die Aufnahme fremder Vdlkertypen in der
Kunst aus rein gegensrändlichem lnteresse abgeschlossen; Veranlassung zur Darstellung
von Barbaren boten in der Folgezeit vor Allem feindliche Zusammenstöße mit den-
selben, die eine historische Kunst schufen. Es wurden nun diese historischen Er-
eignisse und die Kunstwerke, in-denen sie verherrlicht erscheinen, besprochen: l. die
Perserkriege (Gemälde der Marnthonschlacht in der Srna poikile, die Slulpruren des Nike-
tempels, die Perservase im Museo Nazionale in Neapel); z. der Eroberungszug Alexander's
des Großen (Mosaik der Alexanderschlachr, Vasen mit dem Tode des Dnreioe Kodo-
mannos); 3. die Galliersiege der pergamenischen Fürsten (Statuenverein der Akropolis,
sterbender Gallier und ludovisische Gruppe); 4. die Kriege der römischen Kaiserzeit
(Triumphbogen und Ehrensaulen). Jede dieser Epochen zeigt eine andere Auffassung der
Barbaren. ln der ersten sind die Kunstwerke, in denen sie aufrreten, keine selbstlndigen
Neuschopfungen, sondern zurechrgelegt aus dem alten Typenschatze; die Barbaren selbst
sind als solche nur äußerlich charakterisirt und erscheinen in die Sphäre des Hellenen-
thums emporgehoben. Das Mosaik der Alexsnderschlaehr ist das erste historische Kunst-
werk im eigentlichen Sinne des Wortes auch durch seine feine Charakteristik der Perser.
Die pergamenische Kunst aber hat ein Höchstes der Barharenbildungen geschaffen, indem
sie eine fremde Volkerindividualität sowohl in ihrer äußeren Erscheinung als auch in
ihrer Sirinesarr vorführr.
Litteratur-Bericht.
La collection Spitzer. Antiquite; Moyen-äge; Renaissance. Paris, Maison
Quantin. Tome I. Fol. 64 Taf., 176 Seiten Text mit eingedr. Abbild.
M. 250.
Das XVerk, dessen ersten, eben erschienenen Band wir hiermit zur Anzeige bringen,
ist darauf angelegt, nicht blos ein Prachtwerk, ein Kunstwerk seiner Art ersten Ranges
zu werden, sondern auch alle bisherigen Werke seinesgleichen zu übertreffen. Seinen
Inhalt bildet eine Kunstsammlung, welche großartig nach der Zahl, ausgezeichnet in
Bezug auf Schönheit und geschichtliches Interesse, fast einzig ist. Der Besitzer setzte
seinen Stolz darein, sie mit reichen Mitteln, mit all' den Fortschritten auf dem Gebiete
der Vervielfaltigungskünste so vollkommen wie irgend möglich zur Veröffentlichung zu
bringen; Papier, Druck, künstlerische Ausstattung, die facsimilirte Wiedergabe der Gegen-
stände in farbiger Darstellung - alles das ist so gelungen, als es überhaupt heute
möglich ist. Und nun stehen wir leider vor einem Torso. Diesem ersten Bande sollten
fünf andere folgen; kaum aber, dass der erste an das Licht getreten, kaum, dass wir
uns seiner erfreuen und hoffnungsvoll der Fortsetzung entgegensehen konnten, da lesen
wir die Nachricht, dass der Besitzer dieser Sammlung vom Tode ereilt worden. Wir
wissen nicht, was er verfügt hat über die Fortsetzung seines Werkes, aber wir zweifeln
sehr, dass sie geschieht und zu Ende geführt wird; wir fürchten vielmehr, dass die
Sammlung, welche Geschmack, Liebe zu den Dingen, Kenntniss, große Mittel und der
Eifer langer Jahre geschaffen, nun auseinandergehen wird. Und sollte sie beisammen
bleiben, wer wird die Kosten tragen, welche der Schöpfer zu seinem eigenen Ruhme
gerne gewahrt hat?
Dieser erste Band enthält nur vier Zweige der Kunstindustrie, der sogenannten
Obiets o'art: es sind die antiken Gegenstünde, d. i. Terracotten und Bronzen, sodann die
Elfenbeinarbeiten, die Gegenstande der kirchlichen Goldschmiedekunst und die gewirkten
Wandtapeten. Mit Ausnahme jener im Verhaltniss wenigen Gegenstande des classischen
Alterthums beschrankt sich die Sammlung auf das Mittelalter und die Renaissance bis
etwa gegen die Mitte des 17. Jahrhunderts, soweit eben Gegenstände dieser Zeit sich
noch als zur Renaissance zahlen lassen. Die Anordnung des Werkes in diesem ersten
Bande ist so gehalten,' dass jedem Kunstzweige eine wissenschaftliche Abhandlung über
seine Geschichte voraufgeht. Diese Abhandlungen sind von Pariser Kunstgelehrten ersten
Ranges verfasst worden: Diejenige über die Gegenstände des Alterthums von Frohner,
[ibgf d}; Elfgnbginarbgilcn von Alfred Darcel, über die kirchliche Goldschmiedekunst von
Leon Palustre, über die Teppiche von Eugene Müntz. Den Abhandlungen folgt allemal
ein beschreibender, mit Abbildungen begleiteter Katalog auch derjenigen Gegenstände,
welche nicht auf den Tafeln abgebildet sind. Dieser beschreibende Katalog ist die Arbeit
von Emile Molinier. Da derselbe Alles mittheilt, so hatte das Werk, wenn vollstlndig,
die ganae Sammlung wenigstens in der Beschreibung veröffentlicht. Von den 64 Tafeln
des ersten Bandes sind 8 den Antiken gewidmet, 24 den Arbeiten aus Elfenbein, z; den
kirchlichen Gegenstlnden und 7 den Wandteppichen.