irgendwo im byzantinischen Reiche wären erzeugt worden, nicht in der
Glanzzeit des io. Jahrhunderts: die Augen schielend; und in dem Email-
grunde sind aus Goldfäden gebildet die lateinische n Namen der Apostel
mitten in die Glasmasse eingelassen, ein Beweis, dass occidentalische
Arbeiter diese Schmelzwerke geschaffen haben. Ob aber wirklich alle
ornamentalen Schmelzwerkstreifchen an den Trierer Goldschmied-
werken aus Egberfs Zeit in Trier verfertigt und ob nicht einzelne durch
den Handel hieher gebracht worden seien, wage ich nicht zu sagen. Die
ars clusoria aber, die wunderbar feine Fassung der Edelsteine, wie ä iour
auf hohen, aus Filigran gebildeten Lagern', stammt sicher nicht aus
Byzanz, wo der eingestrichene, einfach gefasste Edelstein zu Hause ist:
sie kommt wohl entweder direct von Mailand herüber, wo sie sich lin
ganz ausgezeichneter Weise an dem berühmten Antependium von S. Am-
brogio (ungefähr 853) findet, oder aber aus Deutschland. Uebrigens besitzt
die Antikensarnmlung des Allerh. Kaiserhauses in Wien eine Fibula aus
dem 4.. Jahrhundert mit einer ganz analogen Fassung des Edelsteins (ein
Onyx ruht auf einem Goldbette, das durch tragende Delphine mit der
Unterplatte verbunden ist).
Wir haben gehört, dass Egbert seine Kirche mit Plenarien bereichert
habe 1'); ein und das andere Stück muss Bernward am Hofe der Kaiserin
selbst gesehen haben. Ich meine vor Allem den Codex Epterna-
censis, welcher nach den Bildnissen, die der Deckel aufweist - Otto III.
als junger König, Theophano die Kaiserin - noch vor das Jahr 991
gehört, also in die Zeit, da der heil. Bernward als Erzieher am Hofe thätig
war. Da dieser schon von Jugend auf mit Goldschmiedekunst sich eingehend
beschäftigt hat, ist es geradezu undenkbar, dass er sich nicht bemüht habe,
diesen Codex zu sehen, so lange er amßHofe zu sehen war. Zwar die
Malereien scheint er nicht besonders in's Auge gefasst zu haben, denn
dies beweist z. B. sein Christuskopf, den er in seinen Hildesheimer Ar-
beiten ganz anders zeichnet, als die Egbertinischen Codices es thun. Ein
anderes Beispiel ist Lazarus, der nach dem Epternacher Codex in antiker
Tradition mit den Grabbinden wie eine Mumie fest umwickelt ist, während
er auf der Bernwardssäule keine solchen Binden hat. Und so ließen sich
die Gegensätze mit Leichtigkeit vermehren"), aber sicher hat ihn be-
sonders der prachtvolle Einband ebenso interessirt, wie unsere Zeit ihn
bewundert. Wenngleich der Codex selbst nicht Trierer Arbeit ist, sondern
von der Reichenau stammt, so ist die Goldschmiedearbeit des Deckels,
auch das Elfenrelief der Mitte, ganz sicher aus Egberfs Schule. Wer
genau zusieht, wird hier die antiken Traditionen mit ziemlich starken
byzantinischen Einflüssen, er wird aber auch die Derbheit deutscher
") Ueber Codices, die von Egbert herstamrnen, siehe Kraus a. a. O. S. 7.
") Vgl. Jnhrb. des Vereine: von Alterlhumsfreunden im Rheiulunde. Heft LXX
1881) S. 73 fg. und die Abbild.