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Einzelheiten, und so lässt sich die Behauptung aufstellen und recht-
fertigen, dass die sogenannten Volkstrachten im Mittelalter, ja in der
Mitte des 16. Jahrhunderts noch nicht existirten. Sie sind also durchweg
Schöpfungen der neueren Zeit, hervorgegangen aus ehemaligen Modea
formen, entstanden durch die seit dem 16. Jahrhundert immer wachsende
Absehließung der Stände, der Bezirke und Ortschaften, mannigfach aber
verändert und oftmals zur Caricatur geworden durch locale Ereignisse
und den Ungeschmack der Träger und Trägerinnen.
Wie sehr die Formen auf diese Weise auseinander gehen und zu-
gleich zu grotesker Missgestalt werden konnten, beweist die Collection
der männlichen und weiblichen Hüte aus den österreichischen Alpen-
ländern, welche fast die ganze Länge des Saales Vll einnimmt. Keine
von allen diesen Formen existirte im Mittelalter oder nur im 16. Jahr-
hundert. Nur die Urform war da, der Filzhut, welcher, nachdem er die
steife spanische Modeform in der zweiten Hälfte des I6. Jahrhunderts
durchgemacht hatte, im Anfange des 17. Jahrhunderts in der wildbewegten
Zeit des Dreißigjährigen Krieges jene wohlbekannte Gestalt des großen
Schlapphutes mit xbreiter Krämpe annahm. So trugen ihn damals die
Herren und auch die Frauen, letztere allerdings in eleganterer Gestalt.
Kein Wunder also, dass wir ihn auch auf den Köpfen der Frauen.
wie auf denen der Männer, in den österreichischenAlpenländern wieder-
finden. Aber welche Mannigfaltigkeit, welche Verschiedenheit, alle der
einen Urform entwachsen! Jeder Ort, jedes Thal hat seine eigene Gestalt.
Die einen haben den Kopf verkleinert, fast auf nichts reducirt, dagegen
den Rand , die Krämpe zu einer ungeheuren Scheibe, regenschirmartig,
ausgedehnt. Die anderen haben umgekehrt die Krämpe verkleinert, den
Kopf dagegen hoch und breit oder lang und spitz gemacht. Die einen
sind langhaarig, die anderen kurzhaarig; die einen sind schwarz, andere
weiß, andere grau, grün oder mit Roth gefüttert; andere wieder bemühen
sich, Kopf und Rand eleganten Schwung zu geben, wie z. B. an den
weißen Hüten zu ersehen ist.
Diese ganze Bewegung, zu welcher zunächst der Dreißigjährige
Krieg den Anstoß gegeben, ist abseits der Mode vor sich gegangen,
denn eben derselbe Hut hat in der Geschichte der europäischen Mode
auf den Köpfen der vornehmen Herren und in den Städten eine ganz
andere Reihe von Veränderungen durchgemacht, welche sich erst nach
anderthalb Jahrhunderten mit dem heutigen Cylinder der Urform wieder
näherten. Der modische Hut bog die große Krärnpe dreiseitig auf, klappte
dann zweiseitig zusammen, als er wegen der großen Perücke unter dem
Arme getragen werden musste, und als solch" zweiseitiger Klapphut,
allerdings wieder für den Kopf eingerichtet, ist er uns als Militär- und
Civiluniformhut geblieben. Mit den Puritanern, lndependenten, Quäkern
ist die Urform, diejenige zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges, nach
Amerika hinübergegangen und uns von dort in der Form. des steifen