und westeuropäische Hausindustrie. Was den Vergleich mit den heutigen Zuständen zu
einem noch vollkommneren macht, ist der Umstand, dass der gestimmte Verlag und Ver-
trieb der Gäuweberwaare in den Handen einer beschrankten Anzahl von Ulmer Groß-
capitalisten, den sogenannten Wollherren lag, so wie heute die St. Gallener Fabriks-
herren die Maschinstickereien bei den Hausindustriellen bestellen und die abgelieferte
Arbeit auf dem Weltmarkte vertreiben.
Wir fragen natürlich, wie sich dieser Großverlag, dieser Vorläufer fabriksmaßiger
Massenerzeugung mit dem damals herrschenden Zunftwesen vertragen konnte? Auch hier-
über wird uns lehrreicher Aufschluss zu Theil, der uns zugleich das tertiutn compara-
tionis mit den heutigen Zustanden deutlich erkennen lasst. Das ganze tg. Jahrhundert
hindurch sehen wir namlich die Weberzunft hartnäckig bestrebt, den Großverlag der
Wollherren auf dem Wege zu beseitigen, dass der Rath den Gauwebern das Arbeiten
für den Ulmer Markt verbieten solle, wodurch diese letzteren gezwungen worden wären,
in die Stadt zu ziehen und in die Zunft einzutreten. Der Rath war sich aber von An-
beginn darüber klar, dass ein solches Verbot nicht blos gefährliche Schwankungen in
die Productionsverhaltnisse bringen müsste, sondern sogar den Ruin der ganzen Ulmer
Baumwollindustrie zur Folge haben konnte. Der Bedarf war nämlich auf diesem Ge-
biete ein unendlich wechselnder: in einzelnen Jahren beschaftigte man kaum 300, in
anderen 500 Gauweber. Waren aber diese einmal in die Stadt gezogen, so hatte man in
nachfragelosen Jahren ein städtisches Proletariat auf dem Halse, dem man keinen Ver-
dienst zu bieten vermochte, wahrend der Gauweber auf dem Lande in solchen Jahren durch
den landwirthschaftlichen Betrieb noch immer allein sein Auskommen fand. Es handelte
sich eben im vorliegenden Falle nicht um einen localen Consumartikel, wie etwa Fleisch
und Brot, dessen Beschaffung gemaß einem feststehenden oder nur geringfügigen Schwan-
kungen ausgesetzten Bedarfe auf eine beschränkte Anzahl von Zunftangehdrigen ver-
theilt werden konnte, sondern um einen Artikel des Welthandels. Solcher gab es im
15. Jahrh. allerdings nur wenige; wo aber einer in Frage kam, da entzog sich derselbe
schon damals, wie wir aus dem Beispiel der Ulmer Baumwollindustrie ersehen konnen,
den beschrankten Productionsvorschriften des Zunftwesens. Die Kämpfe der Ulmer Weber
mit den Wallherren im I5. Jahrh. lesen sich ganz ähnlich, wie die Tumulte, die um den
Anfang dieses Jahrhunderts z. B. die Errichtung der ersten Fabrik zu Reichenberg im
Gefolge hatte. Aber auch die Rolle, die dabei der patriarchalische Hausfleiß und insbe-
sondere die eigentliche Hausindustrie in nationalokonomischcm Sinne gespielt haben,
verdient unsere volle Beachtung mit Rücksicht auf die modernen Bestrebungen, die so
nachdrücklich auf eine Hebung dieser beiden letztgenannten Betriebssysteme, namentlich
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