323
Croatien, Siebenbürgen und die Bukowina, Galizien, da ist überall die
Fülle in lebendigem Brauche. Dann kommt Bosnien und die Herzegowina,
Griechenland, Rumänien, Serbien, Bulgarien; wir sehen die Costüme in
Wien auf der Straße, wir haben sie aufvielen Ausstellungen gesehen, ihre
Erwerbung oder Gewinnung für eine Specialausstellung bietet daher kaum
Schwierigkeit. An Vollständigkeit freilich ist auch da nicht zu denken,
nicht aber aus Mangel, sondern vielmehr wegen der zahllosen, kaum
übersehbaren Fülle der Varianten.
Ebenso ist es mit der Türkei, mit den vorder- und hinterasiatischen
Ländern, mit Persien, Indien, Hochasien, China und Japan. Der moderne
Verkehr, der Austausch der Nationen , die Leichtigkeit des Reisens oder
die Kühnheit vieler Reisenden hat Costüme selbst aus den entlegendsten
Gegenden herbeigeschafft, welche gerne der Ausstellung gewährt wurden.
Minder reich und charakteristisch ist eine dritte Gruppe vertreten,
diejenige der europäischen sogenannten Volkstrachten, Landestracbten,
Dorftrachten, die, ohne eigentlich von nationaler Bedeutung zu sein,
mehr die Gegend, den Ort charaktersiren, wo sie noch so getragen
werden. Wenn wir gewisse Trachten ausnehmen, wie das schottische
Costüm, so sind diese Volkstrachten meist sitzen gebliebene, erstarrte,
auch wohl grotesk und bäuerisch umgeänderte Moden von ehedem, die
in dieser ihrer Eigenart wohl ein besonderes Interesse haben. Sie lagen
aber, obwohl noch zahlreich in deutschen Landen, doch einer Costüm-
ausstellung auf österreichischem Boden ferner als die der eigenen Provinzen
und Länder oder jene des Orientes. Rein ethnographischen Charakters
ist noch eine vierte Gruppe vorhanden, die Bekleidung wilder Völker-
schaften, welche auf erster Stufe oder noch außerhalb des Ganges der
allgemeinen Culturgeschichte stehen.
Wir haben also, im Großen und Ganzen betrachtet, vier Haupt-
gruppen in unserer Ausstellung, eine historische Gruppe, deren Gegen-
stände der Vergangenheit angehören, zum Zweiten die Volkstrachten,
welche Gegenwärtiges und Vergangenes vereinen, sodann zwei Gruppen
der Gegenwart, die nationalen Trachten und die ethnographische Gruppe,
die Trachten barbarischer oder halbbarbarischer Völkerschaften.
Wenn auch keine dieser Gruppen irgendwie auf Vollständigkeit
Anspruch macht - sie sollte und konnte es ja auch gar nicht - so
sind doch die Gegenstände in reicher Fülle gekommen, zahlreicher als
wir angemessen unterbringen und aufstellen konnten. Wie ein Strom
Hessen uns die Gegenstände zu, nachdem einmal die Quellen eröffnet
waren, und es ist nur eine Pflicht der Dankbarkeit, Diejenigen an dieser
Stelle zu nennen , welche vorzugsweise zum Gelingen dieser Ausstellung
beigetragen haben. Da sei zuerstdes Fürsten Nicolaus Eszterhazy gedacht,
welcher die in der Schatzkammer des Schlosses Forchtenstein aufbewahrten
historisch wie künstlerisch interessanten Costüme zur Verfügung stellte,
desgleichen des Fürsten Schwarzenberg, dem wir eine größere Anzahl
4.