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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VII (1892 / 12)

kleinen Figuren, welche zuweilen frei am Geräthe stehen. Gegenstände 
mit solchem Schmucke bilden das Schönste, was die Gnthik auf dem 
Gebiete des Mobiliars geschaffen hat. Sie gehören wohl alle erst dem 
15. Jahrhundert an. 
So wie in der Epoche der Gothik die Kunst am hölzernen Geräthe 
einen entschiedenen Fortschritt macht, so vermehren sich auch die ver- 
schiedenen Arten desselben nach ihrer Form oder Gestaltung. Als besonders 
bedeutungsvoll in dieser Richtung erscheint das ganze Gewirr der Kasten 
und Schränke, denen die Buffets oder Credenzen zuzurechnen sind. Es 
war Sitte geworden, was das Haus an Prunk- und Luxusgeschirr besaß, 
auf solchen Geräthen aufzustellen, welche gewöhnlich in der oberen 
Hälfte einen geschlossenen Kasten bildeten, in der unteren aber otfen 
waren. Oben wie unten standen Gefäße, die oberen auf einem Leintuch, 
das zu beiden Seiten mit Fransen herabfiel, zum Theil auch noch auf 
einen oder mehreren Absätzen oder Stufen. Solcher Credenzen, die man 
heute antiquarisch als Stollenschränke bezeichnet, haben sich noch manche 
aus gothischer Epoche erhalten. 
An den Tischen fand die erhöhte Kunst der Gothik in der Schnitzerei 
nicht allzuglinstigen Platz. Die Platte musste glatt und eben bleiben und 
konnte daher nur den Schmuck der Intarsia oder Marqueterie erhalten, 
der ihr in Italien, wo diese Kunst im 14. und 15. Jahrhundert in großer 
Blüthe stand, nicht fehlte. Der mehr nordalpinischen Reliefschnitzerei 
blieb daher nur das Gestell unterhalb der Platte übrig oder die Schieb- 
lade, welche zur Aufnahme des Speisegeräthes zwischen beide eingeschoben 
war. So unpassend auch dieser Ort scheinen musste, da ja die Kunst 
wenig sichtbar wurde, so erhielt er doch nicht selten eine reiche geschnitzte 
Verzierung. Solche Tische haben sich einige erhalten. In der Regel waren 
die Tischbeine je zwei und zwei gekreuzt und auf der Kreuzung ver- 
bunden und verzapft, sowie unten mit Fußbrettern versehen. Bei Festen 
und zahlreichen Gästen wurden, wie in alter Zeit, die Tische mit Schragen 
und Brettern (Tafeln) ßaufgeschlagenu und nach beendetem Mahle wieder 
waufgehobenc. 
Zu dieser Zeit war auch in jedem guten Hause der Speisetisch mit 
einem leinenen Tischtuch bedeckt. Die zahlreichen Bilder zeigen, dass 
es regelmäßig verziert, gemustert war, und solcherlei Tischtücher von 
kräftiger Leinwand haben sich auch noch bis heute erhalten. Eine nicht 
gerade selten vorkommende Art ist durchwebt mit blauen Streifen, in 
denen sich neben pflanzlichen Motiven auch figürliche Gegenstände, Jagden 
auf Hirsche und sonst verschiedene Thierbilder dargestellt finden. Die 
Art der Verzierung zeigt, dass ihre Entstehung in die gothische Epoche 
fällt, wenn sie sich auch weit länger erhalten hat. Das Tischtuch hängt 
gewöhnlich ziemlich tief herab und lässt auf den Bildern noch die Faltung 
erkennen, in welcher es aufbewahrt worden. Erst am Schlusse dieser 
Periode, wenn nicht erst am Anfange der neuen, erscheinen die an ein-
	        
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