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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VII (1892 / 12)

ganze Genre der Truhen, die ebensowohl zum Sitzen wie zur Auf- 
bewahrung von Kleidern und anderen Gegenständen gedient haben. Als 
Tradition aus antiker Zeit, welche solche niedere Sitzkasten mehr in 
Gebrauch hatte als die hohen Wandschränke, haben die Truhen in Italien 
eine ganz bevorzugte künstlerische Ausbildung erhalten, insbesondere 
mit Malereien, zuweilen von wirklicher Künstlerhand, sowie mit goldenen 
flachgehaltenen Ornamenten, an deren Stelle dann im Zeitalter der 
Renaissance das geschnitzte Ornament trat. Auch mit Holzintarsien, mit 
Marqueterie in leichten geometrischen Mustern wurden sie schon früh in 
ltalien geschmückt. Bevorzugt allerdings im Süden, waren sie auch nord- 
wärts der Alpen häufiger im Gebrauch, und hier wurden sie ganz in 
derselben verschiedenartigen Weise geschmückt, wie sie an den Schränken 
geschildert worden, d. i. mit Maßwerk wie mit ausgestochenem und 
gefärbtem Grunde. ln der Regel haben sie die Höhe der Sitzbank; es gab 
aber auch solche, welche Tisch- oder Commodenhöhe besitzen, so dass sie 
nicht als Sitzhänke benützt werden konnten. Nach ihrer Einrichtung bildet 
der obere Theil den Deckel, der aufzuheben ist. Im lnnern befindet sich 
häufig eine kleinere Abtheilung, ein Fach für den weiblichen Schmuck. 
lm getäfelten Gemach pflegte eine Sitzbank an der Wand entlang 
zu laufen, besonders um eine Ecke herum, in welchem Winkel dann der 
Speisetisch stand. Diese Bank hatte Rücken- und Seitenlehnen und war 
im reichen Hause mit einem wRücklakenu überdeckt oder behängt. Es 
gab aber auch freistehende Bänke. So hatte eine solche einen gewöhn- 
lichen Platz vor dern Kamin. Sie war oftmals, wie die Zeichnungen 
schließen lassen, so eingerichtet, dass die Lehne vor- oder rückwärts 
gelegt werden konnte, so dass man, je nachdem man wollte, Antlitz oder 
Rücken dem Feuer zukehrte. Wenn Herr und Herrin, Fürst und Fürstin 
allein speisten, so saßen sie auf einer gemeinsamen Bank hinter dem 
Speisetische, auf dessen Vorderseite die Bedienung stattfand. Sie saßen 
auch so allein am Ehrensitze, die Stirnseite des Saales einnehmend. bei 
großen Festgelagen. Die Gäste saßen an zwei langen Tischen zu beiden 
Seiten des Saales hinab, immer nur an der Außenseite, während von der 
lnnenseite die Bedienung geschah. 
Neben den Bänken, welche zu mehrerer Bequemlichkeit mit Kissen 
belegt waren, da es eine feste Polsterung noch nicht gab, hatten auch 
die Einzelsitze, die Sessel und Stühle, eine in der Gestaltung mannig- 
fachere Ausbildung erhalten und fanden sich zahlreicher im Hause als 
in der vorausgegangenen Epoche; ja man sieht sogar sehr mannigfache 
Stuhlforrnen. Der Ehrenfaltstuhl, von dem heute nur der Name im 
Fauteuil (Faldistorium) erhalten ist, war als solcher wohl nur den Kirchen. 
fürsten und Aebtissinnen geblieben, aber in massiverer und prunkenderer 
Gestalt. In Schloss und Palast (auch wohl im geistlichen Palast) war 
ein fester Stuhl mit hochaufsteigender Rücklehne, über dem ein Baldachin 
schwebte, zum Ehrensitze geworden. Der Baldachin war entweder aus
	        
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